EVERYTHING BUT THE GARGOYLE: Four Flies on Grey Velvet

Diese Veröffentlichung ist ein Beispiel dafür, wie Bandname und Albumtitel ein weites, teils zufälliges Referenznetz knüpfen können. Der Name spielt  (sehr wahrscheinlich) bewusst auf das britische Popduo an, das statt des Wasserspeiers das Mädchen im Namen trug und gibt (damit) einen Hinweis auf die Besetzung: In diesem Fall zeichnet sich Ferrara Brain Pan, dessen eigenes Projekt Forms of Things Unknown vor einigen Jahren mit einem großartigen, von verschiedenen Blasinstrumenten stark geprägten Minialbum debütierte, für die gesamte Musik verantwortlich; Kyra Pixy, die mit ihrem Projekt Pixyblink einige Alben veröffentlicht hat, leiht dem ganzen ihre Stimme und trägt Texte des Lyrikers G. James Wyrick vor. Der Titel des Minialbums verweist auf gleichnamigen Anfang der 70er Jahre gedrehten Film Dario Argentos und wenn man dann noch bedenkt, dass Thomas Bernhards  Roman „Verstörung“ im Englischen „Gargoyles“ heißt, hat man das Territorium, auf dem sich die  Stücke dieses Albums bewegen, schon ganz gut abgesteckt – denn die vier Tracks sind im besten Sinne des Wortes verstörend. „Sleeping With Ghosts“ wird vom Spiel des Streichpsalters dominiert und Kyras Stimme schwankt zwischen Traurigkeit und Ekstase, versetzt einen in eine Zwischenwelt, in der Geister durchaus leben könn(t)en. „Susto“, ein Begriff, der eine Angsterkrankung bezeichnet, beginnt mit einer Gitarre, in deren monotones Spiel der dunkle Klang einer Bassklarinette einbricht, es kommen (dem Titel angemessen) unheimliche Stimmsamples, Glockenspiel und Saxophon dazu: Das ist Lynchland, dieses Stück hätte auch Sequenzen aus „Mulholland Drive“ durchaus untermalen können – wahrscheinlich der Höhepunkt des Albums. Auf „Pretty Blue Forever“  trägt Kyra Pixy mit einer den Tränen nahen Stimme einen Text vor, der vom Verlust dominiert zu sein scheint  („Of the leeches of memory twisted too ugly to ever be dreamed again“), um am Ende die Frage zu stellen: „ I simply ask – What has become of our pretty blue forever?“. Keyboardflächen und Streichpsalter tragen zur Unterstützung der (Weh-)Klage bei.  Das abschließende „The Hum of Blood” beginnt mit einem Drumloop, bevor der Text („At first we’re benign -/ but in time,/we resign to that climb inside a raging stare…/To resemble some form close to human.”) diesmal fast distanziert vorgetragen wird. Das später einsetzende  Mijwiz erinnert (entfernt) an Dead Can Dance und verleiht dem Stück einen leicht orientalischen Charakter. Dann ist das Album (leider) vorbei, nicht jedoch der Eindruck, den es hinterlassen hat: Vier Stücke, in denen Instrumentierung, Text und Vortrag eine fast schon unheimlich zu nennende Synthese eingehen. „Der Stil ist die Physiognomie des Geistes.“, bemerkte einmal Schopenhauer. Man darf beeindruckt sein.

(M.G.)