MUSHY: Faded Heart

Ob die junge Römerin Valentina F. mit ihrem Pseudonym MUSHY auf die etwas zotige Wirkung im Deutschen hin abzielt, ist mir nicht bekannt. Den Italienern ist ihr Name schon seit Jahren ein Begriff, denn die Künstlerin ist bereits seit 2003 im italienischen Underground aktiv. Als Musikerin, DJ und Grafikerin.

Groß geworden ist sie in der überschaubaren Post-Industrial-Gemeinde Roms, die seit Jahren in der stilistisch weit zerfransten Nachfolge von Gruppen wie AIN SOPH blüht und sich auf Veranstaltungen wie dem jüngst verblichenen „Post Romantic Empire“ trifft. Überregionalen Ruhm erntete sie zuletzt durch einen Gastbeitrag bei jener deutschen Band, die derzeit erfolgssicher auf der Witch House-Welle mitschwimmt und den Hype vermutlich sogar unbeschadet überleben wird: MATER SUSPIRIA VISION. Valentina selbst wird von dem Rummel wohl auch ein wenig profitieren können und ihn ebenso überleben. Schließlich wird sie schon als vielversprechende Künstlerin in der ZOLA JESUS-Nachfolge gefeiert. Ein sehr allgemein gehaltener Vergleich, der sich wohl langsam zu einem neuen Stereotyp entwickelt. Aber auch einer, der neugierig macht.

Was die Assoziation vermutlich begünstigt, ist der zum Teil rauschige, dumpfe Shoegazersound, der die überwiegend synthetisch erzeugte oder zumindest elektronisch bearbeitete Musik schon kurz nach dem dronigen Ambientintro dominiert und gelegentlich an die Aufnahmen zur „The Spoils“-Phase erinnert. Doch während bei der amerikanischen Kollegin die Elektronik mehr wie ein reines Ausdrucksmittel für ihre emotionalen Stimmungsbilder fungiert, scheint Valentina generell mehr am Sound selbst interessiert zu sein. Ein vielschichtiges Klangdesign, cold- und newwavige Anklänge und verfremdeter Gesang sind die Hauptzutaten ihrer von Schwermut und Angst erfüllten Message aus den Tiefen einer imaginären 80er-Jahre-Disco. Nur selten traut sich ihre Stimme unter den Effekten hervor, so als ob deren klangliche Wirkung das Sirenenhafte ihres Gesangs zumindest ein Stückweit im Zaum halten müsste.

Manche Rhythmen sind von fast rituell repetitiver Einfachheit, steigern sich mit der Hilfe von monotonem Gitarrenspiel schon mal zu markanten Postpunk-Auswüchsen. Generell überraschen Momente, bei denen auffallend „akustische“ Klänge an die Oberfläche kommen: Ein schleppender Rockrhythmus und ganz klare 4AD-Reminiszenzen, wenn monoton pulsierende Bässe hinzukommen. Manch einer wird an dieser Stelle an die frühen COCTEAU TWINS denken, deren Melancholie durch eine fast schon desolate Schwere ersetzt wird.

Die CD erscheint mit exklusiven Remixes von Künstlern wie SOFT METALS, CROSSOVER, NUCLEAR WAVES und Heinrich Dressel und liefert einen gelungenen Beitrag zum derzeitigen Wave-Revival, mit dem in ein paar Jahren (vgl. Weird Folk) sicher keiner mehr was zu tun gehabt haben will. (U.S.)