THE HOWLING HEX: The Best Of…

Nennt eigentlich heute noch jemand eine Best of-CD „The Best of…“? Kaum, außer es handelt sich dabei gar nicht um eine Greatest Hits-Compilation, sondern um ein ganz gewöhnliches Album. Was auch wieder nicht stimmt, denn ganz ordinär sollte es dabei nicht zugehen. Neil Hagerty alias The Howling Hex findet jedenfalls, dass sein aktuelles Werk alles zuvor geschaffene in den Schatten stellt und die eigentliche Bestimmung seiner mittlerweile One Man-Band, bei der er singt, klampft und trommelt, bestens auf den Punkt bringt. Besonders typisch ist das Beste der heulenden Hexe allerdings nicht. Zumindest könnten Freunde der ersten Soloreleases des ehemaligen Pussy Galore- und Royal Trux-Gitarristen irritiert auf ausladende psychedelische Epen voll chaotischer Brüche und verspielter Gitarrensoli warten, die allesamt ausbleiben. Auch ist „The Best of“ das bislang wohl am wenigsten basslastige Werk des Nachwuchs-Eremiten aus der Wüste von New Mexico, der seine abgelegene Nische jüngst gegen den Trubel von Colorados Hauptstadt eingetauscht hat.

An frühere Soloarbeiten (und an solche unter dem ebenfalls noch existenten Projekt Weird War) wird eher abstrakt angeknüpft, verbindendes Element ist eine große Lust an infantilen Spielereien, die sich in nervigen Wiederholungsfiguren ebenso offenbart wie in skurril simplen Refrains nach Art altbackener Kinderlieder. Bei der Beschreibung mag man sich wundern, warum er nicht schon früher den Ska für ich entdeckt hat, hier gehen die Off-Beats teilweise in diese Richtung. Das Gros allerdings wird durch einen punkigen Walzertakt in Bewegung gehalten, der Rest ist einfachster „Four to the floor“-Antigroove, begleitet von einem „Drei Akkorde“-Geschruppe der Extraklasse. Zu den Highlights zählt das Highspeed-Showtune „Rhymetown Clowns“, das glatt einem kollektiven Besäufnis mit Robert Johnston und den Toy Dolls entsprungen sein könnte. Gerade die englischen Oi-Nervensägen, die einst den Dadaismus in den Punk zurück brachten und dabei reich wurden, kamen mir öfter in den Sinn.

Hegartys heimliche Stärke ist sein Händchen für ausgezeichnete Melodien, die ihre Wirkung auch ohne Ausblendung des nölig-pubertären Gesangsstils entfalten. Stets haftet ihnen eine Wehmut an, die an Chansons oder an osteuropäische Musik erinnert, und gerade die groteske Simplizität unterstreicht das noch einmal besonders. Hagertys Ironie wirkt bei alldem stets unaufgesetzt. Dass man nie genau sagen kann, wo die eigentlich beginnt, und wo sie mit einer ernsthaften Gefühlsauslotung zu einem seltsamen Hybriden fusioniert, kann gelegentlich anstrengen, oder aber auch wieder eine Klasse für sich beanspruchen. Nach gut 25 min ist der Spaß vorbei. So manche Noisechargen sollten sich bei Livekonzerten daran ein Beispiel nehmen. (U.S.)

Label: Drag City