JOSEPHINE FOSTER: I’m a Dreamer

Josephine Foster hat ein Album über das Träumen aufgenommen, das zugleich eine Hommage geworden ist an eine Zeit vor etwa hundert Jahren, als melodramatische Schlager und eine Frühform des Musicals noch Stil und Würde hatten – das ist durchaus keine allzu schlimme Nachricht, doch zugleich eine, über die jeder, der ihre Musik ein bisschen kennt, stolpern muss. War Foster nicht diese Sängerin mit der Thereminstimme, deren spröde Akustiksongs ihre Tiefe subtil offenbaren, ohne Schmalz und ohne Wucht? Deren Stimmungsbilder in dezenten Farbtönen daherkamen? Ausgerechnet sie soll sich nun der Retromanie verschrieben haben, um wie etliche vor ihr dem Anfang all dessen zu huldigen, dessen banale Spätformen man heute nicht mag? Der Fan ahnt natürlich, dass hier alles ein bisschen anders abläuft.

Bei Foster ist der Traum ein zerfließliches, ungreifbares und unberechenbares Gebilde, und hat wenig von der herkömmlichen „romantischen“ Schlagerbedeutung des Begriffs. Das gilt schon für den Titelsong, genremäßig eine lupenreine Schmonzette mit Lagerfeuergitarre und Streichereinsätzen, bei der erwartungsgemäß „of you“ geträumt wird. Nur gerinnt der Trauminhalt niemals zur schmachtvollen Utopie, sondern bleibt vage und unbestimmt. Schon ihr Tremolo, das schrill wäre, klänge es nicht immer wie unter einer Patina versteckt, trägt zu dieser gebrochenen Nüchternheit bei – ein Markenzeichen, das sie eigentlich patentieren lassen sollte, nachdem Devendra Banhart, der mit einem ähnlichen Gesangsstil berühmt wurde, den Weg aller Folkhipster gegangen ist.

Fosters verträumte Balladen und ihre gelegentlichen Ausflüge in den Schwung des Ragtime sind fernab von jedem Twenties-Revival, doch jeder, der ihre aparte Angestaubtheit schätzt und für ihre fragilen Appregios empfänglich ist, ahnt sicher, dass der Unterschied nicht in dunklem Sarkasmus, sondern in einer merkwürdig verbummelten Komik liegt. Sie hätte sich bestimmt mit Liz Green einiges zu erzählen, und eine Split mit den neuen folkigen Mushroom’s Patience (inklusive Neil Young-Cover) wäre grandios. Vieles schmeckt nicht nur leicht nach Country und Blues, wobei ich den derberen Stücken den Vorzu gebe. „My Wandering Heart“ ist von einer etwas härteren Gangart und hat so viel Leidenschaft und Verzweiflung in den hämmernden Klavierakkorden, dass man hier für knapp vier Minuten am ehesten aus dem Traum erwachen könnte. (U.S.)

Label: Fire Records