N + [BOLT]: N (30) / [BOLT]

Vielleicht ist die (relative) Popularität des Drones auch der zunehmenden Akzellierung vieler Lebensbereiche geschuldet, lässt sich somit vielleicht als Reaktion auf eine Welt sehen, in der die Halbwertszeit eines Mobiltelefons den Takt vorgibt, die noch von Marinetti beschworene „befreiende Unendlichkeit“ der Geschwindigkeit im Korsett des nächsten, angesagtesten Apps eingesperrt ist und der einzige Rausch der des Konsums ist. Vielleicht ist das aber auch nur eine Wunschvorstellung und letztlich spielt das bei der Beurteilung dieser sehr starken Veröffentlichung natürlich auch keine Rolle.

Sowohl [BOLT] als auch N (Helmut Neidhardt) haben in den vergangenen Jahren verschiedene Formen des Dröhnens ausgelotet, und auch wenn das Bassduo [BOLT] noch nicht so lange dabei ist wie Neidhardt, dessen – der Titel macht es deutlich – 30. Veröffentlichung das ist, so haben sie schon auf ihren letzten Tonträgern bewiesen, dass Eindimensionalität nicht das Ihrige ist. Auf dieser Zusammenarbeit finden sich drei teils lange Tracks, die unglaublich dynamisch sind. Wie sich das erste Stück hier langsam entwickelt, Melodielinien im Hintergrund zu fast symphonischen Klangflächen werden, die in ihrer verrauschten Erhabenheit so klingen, als hätten sich William Basinski und Monos zusammengetan, dann ist das schon beeindruckend. Dann ein Leiserwerden, ein Ab- und Verebben, bis nur noch ein paar Töne unverzerrter Bass zu hören sind – eine kurze Zäsur, bevor erneut melodische Passagen, die in einer scheinbaren Harmonie beileibe nicht eintönig klingen, einsetzen. Der zweite Track beginnt dezent, scheint sich dann zwar im vertrauten Terrain der Sunn-Schule zu bewegen, enthält aber ebenfalls weitere Texturen und auch inmitten dieser rauen Verzerrungen kann man noch Melodien erkennen. Dabei entwickelt sich das Stück zwischenzeitlich zu einem wahrlich doomigen Monster, bevor auch hier wieder ein Moment der Ruhe (im Auge des Sturms) einsetzt. Der letzte Track ist dann mit fünf Minuten recht kurz und fast zaghaft: eine scheinbare Idylle, der eine latente Bedrohung innewohnt. Dieser Track könnte auch gut als Soundtrack funktionieren. Was trotz unterschiedlicher Schwerpunkte der einzelnen Tracks aber deutlich wird, ist, dass in einem Drone ein ganzer Kosmos stecken kann.

Wer das Album kauft, der bekommt einen Downloadcode für ein Album, auf dem sich verschiedene Künstler ans Remixen des von Dirk Serries gemasterten Albums begeben haben. So fügt z.B. Aidan Baker Schlagzeug hinzu und macht aus Track zwei fast eine Rocknummer, während MEINEIN den gleichen Track fast schon industriell klingen lässt, so dass die eingesetzten Instrumente nur noch zu erahnen sind, Biblos Remix dagegen macht das Stück für eine Ant Zen-Veröffentlichung tauglich.

M.G.

Label: Midira Records