TE/DIS: Comatic Drift

Als TE/DIS vergangenes Jahr mit der „Black Swan“-7′ auf Galakthorrö debütierten, war die musikalische Verwandtschaft zu anderen Künstlern des Labels klar erkennbar: Da surrten die analogen Synthesizer, da war dieser typische Galakthorrö-Klang. Wodurch sich TE/DIS allerdings abhoben, war die Stimme: Hier gab es keinen markerschütternden Schreigesang, keinen reduzierten Sprechgesang – stattdessen Vocals, die darauf schließen ließen, dass der Künstler eine musikalische Sozialisation zu einer Zeit erlebt hatte, als Goth nichts mit Kirmestechno à la Blutengel oder mit Schlagerkitsch wie Unheilig zu tun hatte, sondern vital, (ver)störend und aufregend war – Positive Punk wurde das dann auch vor Äonen mal genannt – und die Qualität der Musik sich nicht notwendigerweise an der Dicke und Dichte des aufgetragenen Makeups ablesen ließ.

Schaut man sich die Themen an, an denen sich vielleicht alle auf Galakthorrö veröffentlichenden Künstler abarbeiten, so könnte man fast soweit gehen zu sagen, dass es oftmals um eine Sakralisierung des Heterogenen, eine Metaphysik der Wunde, des Schmerze(n)s geht. Auf dem Cover von „Comatic Drift“ kann man dann auch entsprechend eine Person (den Künstler?) sehen, deren Pose darauf schließen lässt, dass es sich hier vielleicht um eine im treibenden Eröffnungstrack „Amputation“ besungene „lost soul“ handelt, hier ein Versehrter abgebildet ist, der sich nicht dem „Optimism Bias“ (Optimismus, diese „kognitive Assymetrie“), der dem Abschlusstrack den Titel gibt, hingibt.  All dies spiegelt sich auch in der Kriegs- und Kampfmetaphorik wider, die das Album durchzieht: Stücke tragen Titel wie „Fratricide“, „Shootout With a Stranger“ oder „Close Range“, es werden „combat zone[s]“ und „final shots“ besungen, man ist im eigenen „nightmare“ gefangen. Natürlich können die hier besungenen Gefühle dieser Logik entsprechend nach nur „scarred“ sein. Diese (emotionalen) Schreckensszenarien werden musikalisch allerdings zurückhaltend(er) untermalt: TE/DIS setzt eher auf Reduktion, verzichtet weitgehend auf Schock- und Störeffekte und allzu große Atonalität. Zwar gibt es Tracks wie die druckvollen „Smother the Pain“ und “Reject”, die sicher gute Singles abgegeben hätte, aber auch den trotz rauer Momente getragen-schleppenden Klagegesang „Set Minds on Fire“ und dann findet sich auch so etwas, wie die beiden sehr atmosphärischen Stücke „Groundfog oder „Silence“, bei denen die Rhythmusmaschine nur dezent pocht. Dabei meint Zurückhaltung nicht etwa Mangel an (Klang-)Ideen, denn immer wieder werden in den Songs Elemente eingesetzt, die überraschen, wie etwa die fast an ein Theremin erinnernden Sounds bei „Close Range“, die melancholischen Melodiefragemente auf „Optimism Bias“ oder die nach Wasser klingenden Elermente auf “If I Die”. Wahrlich keine Frühlingsplatte.

M.G.

Label: Galakthorrö