WRANGLER: LA Spark

Musiker, die sich anschicken, die besten Zeiten analoger, synthetischer Popmusik wieder aufleben zu lassen, sind wahrhaftig keine Seltenheit, und man müsste auch bei den kürzlich in London gegründeten Wrangler keinen Wind darum machen, wenn es sich nicht um ein Gespann altgedienter Musikveteranen handelte. Das Trio setzt sich zusammen aus Ben „Benge“ Edwards, Gründer der Memetune-Studios und Weggefährte von John Foxx, daneben Phil Winter von Tunng und an prominentester Stelle Stephen Mallinder, der gerade der Geschichte seiner Stammband Cabaret Voltaire ein lesbares Narrativ gibt und auch sonst recht offen ist für Zusammenarbeiten – siehe sein Beitrag zur aktuellen Mushroom’s Patience.

Das Debüt „LA Spark“, das eitlere Zeitgenossen mit seiner halben Stunde Spieldauer sicher nicht mehr als Minialbum klassifiziert hätten, knüpft an eine Musik an, die die 80er nach dem Abebben des New Wave hätte prägen können, hätte sich das Popbusiness nicht für unrühmliches Leichenflädern entschieden und stattdessen die Cabs von „The Crackdown“ und „Micro-Phonies“ als Beispiel betrachtet. „LA Spark“ bietet funkige Elektronik und leicht housigen Postpunk, dunkel, schrottig und urban, und mittels luftiger Produktion stets so gestaltet, dass die durchaus vorhandenen Bodysounds nie zu dominant in den Vordergrund drängen. Denn Wrangler spielen durchaus introvertierte Musik. Das Fehlen von Fettigkeit und allzu eingängigen Melodien sind eine Sache, die oft eher geflüsterten Vocals, die Brachialität eher gebrochen andeuten, schlagen in die gleiche Kerbe. Selbst weitgehend ambiente Stücke wie das ironische „Peace and Love“, bei dem mit bewusst simplen Raumklangeffekten gearbeitet wird, wirken aufgrund der harmonischen Leerstellen und der reduzierten Melodik eher spröde. „Modern World“ scheint im Zusammenspiel von Titel und tribalen Rhythmen ein Revival des zwiespältig Archaischen zu illustrieren, nervige Computersounds stören dabei keineswegs das stimmige Bild, sondern lediglich die Vorstellung, dass es dabei um etwas Beschauliches gehen könnte. Das schweißtreibende „Harder“ ist nah an dem, was Gruppen wie Nitzer Ebb mit ähnlichen Mittel gemacht haben, doch Kleinigkeiten wie das Keuchen, das hier nicht sportlich, sondern erschöpft anmutet, illustrieren den Unterschied zum „We love to entertain you“-Stil der hitverdächtigeren Gruppen nur zu gut.

Eines der wesentlichen musikalischen Themen in „LA Spark“ scheint mir weniger das irgendwie Analoge zu sein, sondern das Verhältnis von Ordnung und Unordnung – subtil umgesetzt in einem Muster, das beidem Raum gibt und doch nie entscheidet, welches die Realität und welches die Illusion ist. Auf diese Weise schaffen Wrangler eine synthetische Popmusik, die Mitte der 80er ein Gegenparadigma zu The Human League oder den Eurythmics gewesen wäre. Solche Musik gab es durchaus, und wäre die Welt empfänglich dafür gewesen, hätte sich bestimmt einiges ganz anders entwickelt. Doch „it’s a long and windig road“, und im großen Nebeneinander von heute hat die Musik des Trios noch alle Chancen, kein bloßes Museumsstück zu sein.

A. Kaudaht

Label: MemeTune Records