METZENGERSTEIN: Albero Specchio

Als Edgar Allen Poe sich für sein fiktives Adelsgeschlecht den Namen Metzengerstein ausdachte, hatte er sicher die mysteriöse Tiefgründigkeit und zugleich kantige Härte im Sinn, die Fremdsprachler seit jeher mit dem Deutschen assoziieren. In den 90ern taufte sich ein Buchverlag auf diesen Namen, und dass sich erst vor wenigen Jahren eine Band so nannte, ist fast schon etwas verwunderlich, denn er würde zu so ziemlich allem passen, was irgendwie finster und sperrig klingt, von Black Metal über Goth bis mit etwas Fantasie hin zu dunklem Crustcore.

Die realen Metzengerstein, die sich vor ein paar Jahren im Umland von Florenz gründeten, spielen einen dunklen, teilweise ambienten und dann doch wieder aufwühlenden Psychedelicsound von stark cinematischer Qualität, und ihr Debüt „Albero Specchio“, das gerade auf Vinyl wiederveröffentlicht wurde, ist, wie bereits ein Kollege schrieb, „a relentless soundtrack“. In diesem Score, dessen Film noch gedreht werden müsste und durchaus sollte, reihen sich mysteriös hauchende Stimmen an ebenso geheimnisvolle Melodiebögen auf undefinierbaren Instumenten, spacige Midtempodrums treffen auf drogenschwangere Twangs und Delays, und wenn kräftige Trommelwirbel mit der Zeit immer mehr Spannung erzeugen, ahnt man, dass dies kein Film über vulgär grunzende Monster wäre. Die einschüchternde Ruhe zwischen den heftigeren Passagen verortet das Szenario eindeutig im Subtilen, ebenso die nur andeutungsweise im Hintergrund zeternden Bläser. Ein Giallo, möchte man vermuten, vielleicht in der Art von Argentos „Profondo Rosso“, aber man verbietet sich an der Stelle den Goblin-Vergleich, nicht weil er unplausibel wäre, sondern weil der Bezug fast schon zu deutlich ist. Dazu würden auch die Sitarklänge nur bedingt passen, die an ein traditionelles Indien gemahnen, das mit einem Hippie-Idyll in Goa wahrscheinlich so wenig zu tun hat wie mit dem aggressiven Ökonomismus des Subkontinents heute.

Viel leises Chaos, das von Zeit zu Zeit ins Monströse kippt – in diesem Rahmen haben Metzengerstein ihre eigene Handschrift gefunden, die sich hoffentlich bald in einem Nachfolgealbum in neuen Facetten offenbaren wird. Gerne auch wieder mit Donato von Cannibal Movie, der auch hier – wie bei so vielen gelungenen italienischen Undergroundplatten – mit im Boot saß.

Label: HARSH