FUTURE BROWN: s/t

Ein gelungener musikalischer Hybrid oder einfacher ausgedrückt eine gute Stilmischung erkennt man daran, dass die einzelnen Komponenten zwar an vielen Stellen miteinander verschmelzen und überraschend Neues zutage tragen, sich dabei aber keineswegs in einem assimilierten Einheitsbrei auflösen. Visionen dieser Art sind seit Jahren aktuell, und die virtuosesten Resultate finden sich im Bereich elektronischer Producer-Musik. Am Debüt des Allstar-Projektes Future Brown werden sich die Geister scheiden. Alle, die sich unter Hybridisierung einen öden melting pot vorstellen, werden bei der wilden Mixtur aus Genres, Stimmen und Stimmungen einen Reizschock erleiden, wer dagegen eine museale Präsentation unversehrter Stile mit klaren Konturen erwartet, wird Future Brown den Untergang von Abend- und Morgenland zugleich zur Last legen.

Der Kern der Gruppe besteht aus der gerade angesagten Fatima al Qadiri, J-Crush von der Combo Lit City Trax sowie Asma Maroof und Daniel Pineda alias Nguzunguzu, und was die Herrschaften hier bieten, ist ein furioses Mashup aus elektronischen und betont artifiziellen weltmusikalischen Bauformen, wobei die verschiedenen braungefärbten Fäden u.a. von Dancehall über Reggae(ton) zu älteren jamaikanischen Stilen reichen oder vom gleichen Ausgangspunkt über Grime, zu R’n'B und dergleichen – ja, “Future Brown” ist auch ein Namedropping-Generator erster Güte. Die kosmopolitischen Biografien der Beteiligten und ihr Hintergrund als Producer ist der Kitt, der die unterschiedlichen kulturellen Prägungen zusammenhält, doch mit der Auswahl an Vokalisten verschiedener Geschlechter, Sprachen und Musiktraditionen wird jeder Art von Harmonisierung wieder entgegengewirkt. Harte, agressive Raps vor sanften Instrumentalspuren mit fast kindlicher Melodie, einschmeichelnder hispanischer Gesang vor einer düsteren, statisch anmutenden Soundwand lassen niemanden zur Ruhe kommen, der sein Heil in simplen Analogien sucht.

Fast ist es ein bisschen schade, dass die feinsinnig ziselierte Black Music mit ihren an al-Qadiris Solodebüt erinnernden Asiatica und den allgegenwärtigen Handclaps so durchgehend smooth und hochgezüchtet daherkommt, aber dies ist freilich eine Geschmacksfrage, die sich komplett anderen Hörerfahrungen schuldet. (A. Kaudaht)

Label: Warp