HATI: Metanous

Nachdem das enorm rührige Danziger Zoharum-Label vor anderthalb Jahren zwei klassische Alben ihrer Landsleute HATI – „Zero Coma Zero“ und „Recycled Magick Emissions“ – herausbrachte, erscheint nun im selben Haus erstmals ein neues Werk des unlängst zum Trio herangewachsenen Projektes, dessen Musik mittels archaischer Klänge rhythmischer und dröhnender Art mit den tieferen Bewusstseinsschichten seiner Hörer in Dialog tritt.

Mit dem Titel „Metanous“, der für eine mentale Transformation im Sinne eines spirituellen Wachstums steht, bewegt sich HATI auf vertrautem Terrain, und ein Tracktitel wie „Passage“ pflichtet dem bei, gerade weil man sich den gemeinten Übergang vermutlich ebenso unberechenbar und geheimnisvoll vorstellen muss wie die Abfolge meditativer Klangflächen in diesem Stück. Während ihre Kollaborationen mit Leuten wie Z’ev, Pure oder dem hierzulande weniger bekannten Klarinettisten Jerzy Mazzoll meist von einem breiteren Sound geprägt sind, setzen sie hier erneut auf Reduktion in Fülle und Aufbau – eine Einfachheit jedoch, die einen keineswegs von aller Aufmerksamkeit freispricht, denn der Wirkungsintensität des Ritualsounds tut sie keinen Abbruch.

Es klingt immer etwas einseitig, wenn HATI irgendwo primär als Drumprojekt vorgestellt wird, wenngleich die rituelle, aus europäischer Sicht „ethnolastige“ Perkussion auf oft selbstgebauten Instrumenten einen zentralen Faktor darstellt und auch „Metanous“ eröffnen – zunächst nur als angedeuteter Takt, der sich aber schnell verstärkt und als vordergründig entpuppt. Die größte hypnotische Wirkung entfalten die stets dezent bleibenden Rhythmen aber erst im Zusammenspiel mit diversen Glocken, mit Gongs, die an indonesische Gamelanmusik erinnern, mit Flötenklängen und natürlich durch erdige Drones, die hier erneut auf einem der bewährtesten Dröhngeräte, dem Dedgeridoo, erzeugt wird.

„Kulturkreise“, soviel nebenbei, scheinen bei HATI keine ausschließende Qualität zu besitzen, ganz ähnlich dem (mittlerweile auch Label-)Kollegen Rappoon sind sie auf der Suche nach Schnittmengen und dem Potential neuer Kombinatoriken im Interesse der Wirkung. Und die sollte nicht gering ausfallen, ist man fähig und willens, sich durch die Musik in den richtigen rituell-meditativen Modus justieren zu lassen. Die knarzigen Stimmbeiträge, die an tibetische Mönchsrituale erinnern und sich in einigen Stücken über Drones und Rhythmen ausbreiten, sollten dann noch eindringlicher Effekte im Cerebellum zeitigen.

„Not science but gnosis from direct experience“ deklamiert Marc Almond mehrmals in dem grandiosen „The Epitaph of God“ auf dem Debüt des an Okkultismus interessierten Pianisten Othon, und statt „science“ hätte man auch „feeling“, „daydream“ oder irgend eine andere romantisch konnotierte Vokabel verwenden können, denn mit Träumerei hat. Um eine direkte Erfahrung mystischer Entgrenzung geht es auch HATI, und die ist von Emotionalität ebenso weit entfernt wie von trockener Vernunft, mit der man solche Musik nur beschreiben kann. (A. Kaudaht)

Label: Zoharum