BOREALIS: Loma Aerea

Eduardo Suarez ist ein an mehreren Instrumenten versierter Musiker aus der nordspanischen Provinz Asturien. Unter dem Namen Borealis hat er sich minimalen Akkorden vor allem auf der zwölfsaitigen Gitarre verschrieben, ist aber auch dunklen Soundscapes gegenüber nicht abgeneigt. Vor kurzem erschien sein zweites Album „Loma Aerea“.

Nach einem kurzen ambienten Einstieg auf der Basis von Feldaufnahmen erweist sich „Loma Aerea“ als Gitarrenalbum, dessen versponnene Ornamente einen Wunsch nach Zeit- und Endlosigkeit durchscheinen lassen. Doch trotz der meist repetitiven Strukturen wirken die Tonfolgen keineswegs wie akkurat berechnet – vieles wirkt beinahe wie nach dem Zufallsprinzip gestaltet, immer wieder kommt es zu subtilen oder auch etwas deutlicheren Brüchen im Fluss der Klänge, kleine Seitenpfade werden begangen, wie zufällig, um nach kurzer Zeit wieder in den Hauptstrom zurück zu kommen, wie Tupfer bilden die kurz angeschlagenen hohen Saiten für Momente eigene kleine Melodien, und irgendwie passt dieses scheinbar dem Zufall überlassene auch gut zu der besonnenen Stimmung, bei der schon keine allzu große distraction zu befürchten und kein zwanghaftes Ordnen nötig ist.

In der Theorie nennt man dies „continuous music“ (in Abgrenzung zur statischeren Minimal Music), und das gut zehnminütige Titelstück gehört schon in eine ähnliche Kategorie wie das, was James Blackshaw auf der Gitarre oder Lubomyr Melnik am Piano macht, und natürlich hat das Ganze schon durch die Wahl der Instrumente auch eine gewisse folkige Seite.

Doch jedes Stück hat seine eigene Stimmung und Gangart, so ist die Bewegung auf „La Piedra Reencarnada“ wesentlich zaghafter als das fast heitere Fließen des Titelstücks, scheint große Fragezeichen in die Luft zu malen. „Ecología Oscura“ hangelt sich recht tastend entlang seiner mysteriösen Akkorde, die immer wieder mit unerwarteten Wendungen überraschen. Andere wie „Reflejos de Plata en el Río Negro“ oder „La Carcerá“ sind von einer rastlosen Dynamik, und man denkt unweigerlich an die etwas diabolischern Variationen von John Fahey. Heraus stechen von Perkussion durchsetzte dronige Soundscapes wie „El Pulso“ oder Banjostücke wie „El Campesini Y El Cuchillo“ und „El Rey Muerto“.

Vielleicht sind es das Cover oder die symbolträchtigen Titel der Stücke, die die gelassene Entspanntheit der Klänge zwar nicht weltentrückt, aber umso naturverbundener wirken lassen. Doch über die nie ganz greifbare Unberechenbarkeit der Arrangements, durch die das Werk nur scheinbar aus einem Guss erscheint, kommt zugleich die Ahnung von etwas beinahe okkult Geheimnisvollem hinein, das im Laufe der Zeit immer deutlicher herauszuhören ist. (A. Kaudaht)

Label: Truco Espárrago / Woodland Recordings