OFF WORLD: I

Off World ist das neue Steckenpferd des kanadischen Komponisten Sandro Perri, der einigen sicher aus der Diskografie von Constellation Records her bekannt ist, und wenn nicht unter seinem bürgerlichen Namen, dann als Polmo Polpo. Unter diesem Namen veröffentlichte er um die Jahrtausendwende einige abstrakte Electronica-Longplayer. Die Entscheidung, als Solokünstler wahrgenommen zu werden, ging einher mit dem Interesse, seine Fühler in alle nur denkbaren Richtungen auszustrecken: Jazz, Progressive, World Music und all das mit zunehmendem Einsatz der Stimme als weitere, manchmal zentrale Klangkomponente.

Ich würde nicht so weit gehen, Off World als Rückbesinnung auf frühere Arbeiten zu betrachten, denn eine wichtige Neuerung besteht schon darin, dass Perri selten so stark auf Kollaboration setzte. Auf dem ersten Release des neuen Projektes wirkt eine ganze Reihe an kanadischen und internationalen Musikern mit. Doch Off World ist rein instrumental und so soundorientiert wie selten.

Die titelgebende Nummerierung ist insofern sinnvoll, als das Album genau genommen eine Compilation ist. Über Jahre sind ohne konzeptuellen Masterplan zahlreiche kollaborative Arbeiten entstanden, und erst vor Kurzem zeichnete sich eine gewisse Ordnung im schnell angewachsenen Archiv ab, so dass Perri einen Großteil der Musik zu Alben synthetisieren konnte. „I“ ist der Auftakt, zwei weitere Alben sollen folgen. Die konzeptuelle und kompositorische Offenheit, das Arbeiten weitgehend nach einem alleatorischen Zufallsprinzip zeitigt hier durchaus einige markante Schwerpunkte, und einer ist das Zusammenspiel von elektronischen und akustischen Klangquellen, die stets auf dem schmalen Grad zwischen Verschmelzung und Kontrast bleiben.

Im Gesamteindruck überwiegt letztlich das Heterogene, und einige der Stücke könnten auf ihre jeweilige Art Entwürfe zu eigenständigen Werken, z.T. sogar Alben sein. Das kommt einem vielleicht noch weniger bei kompakten Tracks wie dem repetitiven, vordergründig statisch wirkenden „New Brain“ in den Sinn, oder beim kurzen „No Host“, dem einzigen Solostück, das gekonnt mit analogem Computerkitsch der 80er spielt. Sehr wohl aber bei ausladenden Kompositionen wie dem sich sehr langsam und unter merklicher Spannung steigernden „Extraction“, das sehr viel aus wenigen Handgriffen auf der Violine und dezenter Elektronik herausholt und die Verschmelzung gekonnt verweigert.

Solches geschieht dann in „Choral Hatch“ – Perris E-Piano, ein stark verfremdeter Banjo, repetitive Elektronik und die anrührende Violine des kanadischen Virtuosen Jesse Zubot münden hier für wenige Minuten in ein einheitliches Soundmaterial, das man vielleicht am ehesten als Herzstück des Albums betrachten kann. (A. Kaudaht)

Label: Constellation Records