OVO: Creatura

Wenn man die Musik des italienischen Duos OvO zu beschreiben sucht, läuft dies oft auf ein exzessives Termdropping hinaus: Noiserock, Ritual, Black Metal, Power Violence, dazu einen Anhauch von Bondage und Fetisch und zuguterletzt eine Angry Woman am Mikro, die so manchen Riot Girls das Fürchten lehrt. In all dem steckt etwas Wahres, doch die Ausdrucksstärke ihrer Musik, vor allem bei Konzerten, lässt die Frage, ob alle diese Referenzen bewusst gezogen werden, unwichtig erscheinen.

Was Stefania an der Gitarre und Bruno mit seinem Mini-Drumset auf die Beine bringen, hat einen bruitistischen Zug und ist trotz allem keineswegs auf eindimensionale Art primitiv. Zu den ersten Eindrücken auf ihrer neuen LP „Creatura“ zählen die mitreisenden und zugleich schwer greifbaren Rhythmen: In „Satanam“ muten sie wie eine Metal-Version afrikanischer Polyrhythmen an. Lärmende Gitarrenwände entwickeln im „Eternal Freak“ ebenfalls rhythmische Qualitäten, die mit den Drums zwar harmoniert, aber nicht deckungsgleich ist. Im Titelsong presst sich schwerer Noisebrei in Intervallen aus dem Boxen, um kurz darauf von den Drums zerhauen zu werden. Doch es gibt – man denke an die fast tanzbaren Momente in „Madriacale“ oder an die Knüppelbeats im treibenden „Immondo“ – auch etwas straightere Momente.

Die über all dem thronenden Vocals lassen all dies wie einen reißerisch inszenierten Kampf erscheinen, bei dem alles riskiert und im infernalen Furor einiges gewonnen wird. Verzweifelte, schrille Schreie, die sich überschlagen, abgründiges Growling, aggressive Shouts, hysterisches Keifen: Stefania zieht alle extremen emotionalen Register und wirkt dabei – Crust-BM-Frontfrauen wie Vivian Slaughter vergleichbar – oft ent-gendert, bisweilen entmenschlicht.

Ein friedvolles Ende wird in „March of the Freaks“ entschieden verweigert, trotz Downtempo und nostalgischer Jahrmarktsamples, die bei einer Freakshow wie dieser natürlich nicht fehlen dürfen. Schon das metallische Schaben, das wie Messerwetzen klingt, legt nah, dass der nächste Sturm bald losbrechen wird. Ganz sicher auf den Konzerten der gerade laufenden Tour. (U.S.)

Label: Dio Drone