AARON DILLOWAY: The Gag File

Aaron Dilloway knüpft mit der Covergestaltung von „The Gag File“ an den 2012 erschienenen Vorgänger „Modern Jester“ an. Dass auf dem neuen Album aber eine Bauchrednerpuppe zu sehen ist, gibt einen Hinweis auf das Klangmaterial, denn Stimmen spielen eine zentrale Rolle auf den einzelnen Stücken.

„Ghost“ besteht aus analogem Brutzeln und Brummen, perkussive Elemente kommen hinzu. Nach einiger Zeit setzt eine kaum hörbare bearbeitete Stimme ein. Insgesamt ist das Stück recht kohärent, klingt vielleicht noch am ehesten nach Industrial und erinnert entfernt gar an die jüngeren Arbeiten der ehemaligen Bandkollegen von Wolf Eyes. Auch auf der einen oder anderen Tescoveröffentlichung der letzten Jahre dürfte solch ein Stück nicht völlig deplatziert geklungen haben. „Karaoke with Cal“ beginnt direkt mit einer Stimme, die in ihrer Verfremdung irritiert und verstört. Spricht da ein Mann mit Rachenkarzinom oder Kiefergaumenspalte? Ist er im Ersticken begriffen? Oder ist er von einen psychotischem Schub ergriffen worden? Man wagt kaum zu fragen. Untermalt werden die Laute von dementer, monotoner Perkussion. „Inhuman Form Reflected“ wird durchzogen von rhythmischen Elementen und Stimmengewirr. Gegen Ende hört man ein Stöhnen, Schreien und Stammeln – ganz so, als schleppe Leatherface ein paar Kadaver zum nächsten Fleischerhaken. „Born In A Maze“ wirkt dagegen etwas reduzierter: Zischen, ein Rhythmusloop. Das klingt nach kaputter, sich auflösender Musik. Auf „It’s Not Alright“ singt jemand mit schmachtender Stimme „It‘s alright“. Natürlich wird durch die Wiederholung die Botschaft ad absurdum geführt, lässt unweigerlich an das Bachmannsche „sei ohne Sorge“ denken. „No Eye Sockets (For Otto & Sindy)“ erweckt den Eindruck, als habe Dilloway während einer Party das Aufnahmegerät laufen lassen: Stimmengewirr, Lachen, Gläser werden angestoßen. Verglichen mit den anderen Stücken ist die Atmosphäre weniger von einem Moment der Bedrohung als vielmehr einem der Entspannung bestimmt– was natürlich in scharfem Kontrast zu dem äußert unangenehmen Tracktitel steht. „Switch“ dagegen ist Loopchaos aus sich auflösenden Tapespuren – so in etwa wie frühe NON mit ADHS. „Shot Nerves“ beendet das Album mit atonalen Synthiemomenten, die gegen Ende von zerhackten Stimmen abgelöst werden.

Auf dem (durchaus doppeldeutig betitelten) Album präsentiert uns Dilloway auf acht Stücken eine Sammlung Geräuschmusik, die fast durchgängig irritierend ist und irritiert. “The dummy continues to give forth its mocking laughter, which flaps its way into every niche of the loft and flies back as peculiar echoes. The dummy’s face is vacant and handsome; its eyes roll like mad marbles.” (Thomas Ligotti, “Dr. Voke and Mr. Veech”)

M.G.

Label: Dais Records