HAIR STYLISTICS: African Head Banging

Anfang 2014 hatte Noiseveteran Nakahara Masaya die Idee, pro Monat ein Album auf CDr heraus zu bringen, sicher aus Spaß an all seinen übersprudelnden Einfällen, aber vielleicht auch, um zu beweisen, dass ihm diese im Hinblick auf die Musik, mehr noch allerdings was inhaltliche Querbezüge zu interessantem Nerdkram angeht nicht so schnell ausgehen. Natürlich hielt er weitgehend, was er versprach. Da ich vor vor einiger Zeit einen ganzen Stapel aus seiner “monthly series” in die Hand gedrückt bekam, werden hier mit der Zeit einige vorgestellt werden.

Zu gegebener Zeit erlaube ich mir den einen oder anderen Exkurs zum Übergang von Violent Onsen Geisha zu Hair Stylistics, ebenso zur Mehrfachexistenz des Tokyoter Universalkauzes als Musiker, Autor, Illustrator etc. Doch zum Auftakt recht kurz und bündig wie es wahrscheinlich auch Nakahara liebt: Noise mit ordentlich Feedback und mittlerweile durchaus vertrakten Beats in sicherer Distanz zu Breakcore, Dubstep und ähnlichen Gefahren, und das ganze mit Exotica gespickt – auf viele der neueren Veröffentlichungen trifft das zu, “African Head Banging” erfüllt dies besonders, schon der eröffnende Titeltrack zieht den Vorhang eines ganz eigenen Mondo-Kosmos, dessen Setting ein unbestimmbarer afrikanischer Dschungel ist, der den gesampleten Chorgesängen nach allerdings auch in der Südsee liegen könne. Aus noisigem Untergrund kristallisiert sich ein Polyrhythmus aus verrauschten Handtrommeln, der etlichen Tempowechsel vollzieht und immer wieder andere Klangideen an die Oberfläche spült.

So spontan improvisiert die Stücke klingen, so intelligent wirken die Rhythmen, bei denen man nie genau weiß, in welche Richtung die Reise gehen soll, in “Secret Village of Fashion Health” z.B. erscheinen sie simpel und ungreifbar zugleich und bauen eher einen Irrgarten als einen sicheren Pfad durch frickeligen Noise und allerlei Urwaldsamples, in “Great Cripple Came From the Future” findet er dann seinen Weg in einen monoton scheppernden Houseloop.

Abgerundet durch eine der typischen cineastischen Bildkollagen – hier dreht sich alles um die Beine einer kopflosen Urwald-Amazone – ist “African Head Banging” ein guter Einstieg in Nakaharas neuere Veröffentlichungen, in denen einmal mehr sämtliche Register seines Repertoires gezogen werden – von enervierendem Krach und ironisch anmutenden Electro-Zitaten bis zu sleazigem Exploitation- und Rotlichtflair, von verspielten Tabubrüchen bis zu launiger Exotik und glitzerndem Mädchenkitsch. Einen guten Einstieg in seine Literatur ist übrigens die hier erstmals auf deutsch erschienene Erzählung “Das Lied einsamer Schritte, die auf einem dunklen Flur erklingen”. (U.S.)

Label: Boid