THOMAS LIGOTTI: The Bungalow House

1996 erschien The Nightmare Factory, eine Zusammenstellung der meisten Geschichten aus Thomas Ligottis Sammlungen Songs of a Dead Dreamer, Grimscribe und Noctuary (keine Berücksichtigung fanden die unter dem Titel The Agonizing Resurrection of Victor Frankenstein and Other Gothic Tales versammelten Vignetten). Es gab aber auch eine Sektion namens „Teatro Grottesco“, die eine Reihe neuer Kurzgeschichten versammelte, von denen sich viele mit Künstlern, mit der „artistic underworld“, wie es in der Titelgeschichte heißt, beschäftigten.

In „The Bungalow House“ findet der Ich-Erzähler in der kleinen Kunstgalerie, die er während seiner Mittagspausen aufsucht, eines Tages auf Kassette – zum Zeitpunkt des Entstehens der Geschichte war das noch nicht das jüngste Hipstermedium – aufgenommene Traumdialoge, von denen der erste vom titelgebenden „Bungalow House“ handelt, einem Ort, an dem „the moonlight shone through the dusty blinds and revealed the bodies of insects and other vermin on the pale carpet. […] Some of them seemed to be deformed, their naturally revolting forms altered in ways I could not discern.“ Der Sprecher dieses Monologs fühlt “The infinite terror and dreariness of an infested bungalow house […] A bungalow universe” und empfindett eine “euphoric hopelessness”. In jeder Zeile verspürt man Ligottis “Aesthetics of decay” (Chris Brawley), die sich in den  “degenerate little towns” und den verfallenen Fabriken, in denen viele seiner Texte angesiedelt sind, widerspiegelt.

Der Erzähler hört später einen weiteren Traumdialog namens „The Derelict Factory with a Dirt Floor and Voices“ und wird immer besessener davon, den Künstler zu treffen, glaubt er doch hier eine verwandte Seele gefunden zu haben, jemanden, der seine Vorliebe für die „icy bleakness of things“ teilt. Er bittet Dalha, die Betreiberin der Galerie, darum, ein Treffen zu organisieren und hat dann auch schließlich in der Bibliothek eine Begegnung mit einer Figur, die sich ihm in die Dunkelheit entzieht, “as though he were floating.” Am Ende des Textes muss der Erzähler feststellen: “I suffer every minute of the day (and night), this killing sadness that feels as if it will never leave me no matter where I go or what I do or whom I may ever know.”

Die Geschichte ist polyvalent, Ligotti selbst weist in dem im umfangreichen Booklet abgedruckten Interview rückblickend darauf hin, dass sowohl eine übernatürliche als auch eine psychologische Lesart möglich sei, aber ob man den Erzähler nun in eine lange Tradition unzuverlässiger einreiht (“Is it not clear that I am not mad?”, heißt es in einem der berühmtesten Texte Poes) oder nicht, spielt letztlich keine Rolle, denn die Konsequenzen sind die gleichen: In dem die Veröffentlichung begleitenden Essay schreibt Matt Cardin: “In this story, there is no consolation, because there is no connection. Connection is in fact categorically impossible, because there is no other person with whom one can connect. Any sense of another person with whom one shares an affinity of sensibility and worldview is an illusion, and the knowledge of this kills even the pleasure one formerly felt in contemplating putatively consoling works of art. [...] There is no solace […] either in art or in life, not in this world or any other.”

Vorgetragen wird der Text von Jon Padgett, Betreiber von Thomas Ligotti Online, der vor einiger Zeit noch selbst als Autor uneimlicher Kurzgeschichten debütierte. Seine Stimme ist im Vordergrund, die von Chris Bozzone komponierte Musik changiert zwischen „ominous drones“ und leicht atonalen Passagen, die den Vortrag angemessen irritierend untermalen. Motive aus “The Bungalow House” wurden dann einige Jahre später in Ligottis Zusammenarbeit mit Current 93 auf “I Have A Special Plan For This World” wieder aufgegriffen: “This world is a mistake.”, hieß es dann dort. (MG)

Label: Cadabra Records