HEATHER LEIGH: Throne

In Heather Leighs bisheriger Diskographie nimmt „Throne“ in mehrfacher Hinsicht eine Ausnahmestellung ein, denn es ist ihr bislang poppigstes Songalbum, dass sich vom ungeschliffenen Sound des drei Jahre alten „I, Abused Animal“ ebenso absetzt wie von ihren Zusammenarbeiten mit Peter Brötzmann, bei denen ihr Spiel auf der Pedal Steele-Gitarre einen eher subtilen, hintergründigen Part einnahm. Aber es scheint auch ihr intimstes Werk zu sein.

Intim meint an der Stelle eine intime Atmosphäre und nicht zwangsläufig einen persönlichen Ausdruck der Musikerin, denn zugleich erscheint die Musik sehr artistisch und verströmt, ähnlich dem stilisierten Selbstporträt, welches das Cover ziert, einen Hauch von Inszenierung und Rollenspiel. Schon die ersten Minuten im Opener „Prelude to Goddess“ leben von dieser Zwiespältigkeit: Nur leicht angetastete Becken entführen einen nach Doomjazz-Manier in eine dunkelrot ausgeleuchtete Parallelwelt, in der die Sängerin mit Kate Bush-Sopran und von smoothen Bass ihres Partners David Keenan begleitet eine Bühnenperformance abgibt, in der sie sich als Vamp in Leopardenjeans inszeniert, bei der man an Marisa Mell in Fulcis „One on Top of the Other“ denken muss, und zugleich als Kunstfigur bloßlegt. Doch trotz all der Theatralik bleibt der Eindruck, dass der Theaterraum so klein wie eine Umkleidekabine ist, in die man nur durch ein Schlüsselloch oder durch eine versehentlich einen Spaltbreit offen gelassene Tür schauen kann. Aber das scheint in Ordnung zu sein, und diese Ambiguität bleibt das ganze Album über bestehen.

Nach diesem aufsehenerregenden Auftakt geht „Throne“ erst einmal betont dezent und subtil weiter, in den dröhnenden Wellenbewegungen von „Lena“ braucht es eine Weile, bis man den Liebesabgrund in Leighs tremolierenden, fast folkig theatralischen Vortrag wahrnimmt, „Scorpio and Androzani ist im Grunde ein erschütternder Song über Geplatzte Illusionen und einen Moment des Gewahrwerdens, doch die schummerigen Twangs und das traumhafte Gleiten der Hintegrrundmusik geben dem Ganzen einen Touch von Akzeptanz und ein beinahe pastorales, wenn auch nächtliches Setting. „There’s a price for dreaming“ klingt da wie ein genügsam angenommenes Lebensresümee.

In „Soft Seasons“ geht es, konträr zum Titel, schon weitaus aufwühlender zu, verzerrtes Gitarrenspiel auf angespannten Nervensträngen lassen, begleitet von pulsierenden Takten und trotz der ornamental hochfliegenden Stimme, eine leicht beklemmende Stimmung aufkommen – „hypnotized by fame“ ist die Pratagonistin auf ihrem zwiespältigen Thron. „Gold Teeth“ dagegen, das mit fast 17 Minuten Spieldauer einzig lange Stück des Albums offenbart in seinen immer wieder neu heruasgestoßenen Gitarrenwellen, die später zu immer schnelleren Flussbewegungen heranwachsen, etwas unterschwellig Monumentales, das sich irgendwann im eruptiven Feedbacklärm entlädt. „Days Without End“ wirkt im Vergleich wie ein versöhnlicher, aber auch ins Ungewisse entgleitender Schluss. Dass gerade Leighs mal einlullender, mal aufwühlender Gesang nie in Pathos entgleitet mag ein Grund für die Intensität sein, die über die ganze Dreiviertelstunde des Albums keinen Moment lang nachlässt.

Label: Editions Mego