SOPHIE DELAFONTAINE: Accord Ouvert

Sophie Delafontaine hat schon eine Reihe an Soundarbeiten für Tanz und Theater abgeliefert, bei denen sie mit intensiver Musik den Fokus auf andere Akteure gelenkt hat. Vielleicht hat dies ja, zusammen mit ihrem Studium der Akusmatischen Komposition, mit dazu beigetragen, dass “Accord Ouvert”, das erste Studioalbum der heute in Belgien lebenden Schweitzerin einen starken Reiz des Undurchsichtigen ausströhmt und einen besonderen Fokus auf hintergründige Spannungsmomente richtet.

“Accord ouvert” beginnt wie ein surreales Hörspiel, bei dem hohe Sinustöne, vibrierende Dröhnung, das Geräusch von Planschen im Wasser und die Stimmen von Hühnern und anderen Vögeln den Ton angeben, ganz in Musique concrète-Manier montiert zu einer originellen Klangkollage, in die sich bald Melodieansätze und ein in Sirup eingelegter französischer Song – vielleicht ein Kinderlied – mit gedoppelter Stimme mischen.

Viele dieser und ähnlicher Sounds – Dröhnen und Kratzen, koloritreiche Regenschauer, skurriles Plastikblubbern, lamentierende Vögel, tickende Uhren und vieles mehr – kehren im Verlauf der sechs Tracks wieder und bilden zusammen mit obskuren Instrumentalbeiträgen ein Referenzsystem, dass stets vage genug bleibt, um das wie auch immer geartete Geheimnis zu wahren. Wer bei der humorigen Seite des ganzen, den Tierstimmen und dem elektrifizierten Planschen und Blubbern, nicht an Nurse With Wound denkt, der hat letztere wahrscheinlich nie gehört.

Natürlich stechen bei soliden Französischkenntnissen gerade die textlastigeren Abschnitte heraus und lassen eine gesellschftskritische Seite erahnen – so z.B. “Dormier, Aujourd’hui”, eines der weniger wusseligen Stücke, das sich weniträumig um einen klaren Monolog, gesprochen von Gastmusiker Laurent Plumhans, legt, in dem sich das lyrische Ich als “oiseau migrateur”, als Zugvogel beschreibt. Flüsternde Stimmen schwirren durch den Raum und ähneln sicher nicht ganz zufällig den Vogelstimmen in den anderen Stücken.

Label: Empreintes Digitales