It’s hard and tender at the same time. Interview mit Comando Suzie

Als Raúl López vor rund fünfzehn Jahren sein Projekt Comando Suzie aus der Taufe hob, ahnte er wahrscheinlich kaum, dass er einem musikalischen Retrotrend zuvor kam, denn zur Mitte der Nullerjahre feierten die hippen Hochglanzmagazine noch einträchtig Postrock und Studentenfolk als die postmoderne Avantgarde der Stunde – erst Jahre später sollte mit Boy Hasher u.v.a. newwavig angehauchter Electropop durch die Postillen geistern, den das katalanische Projekt längst in eine unkonventionelle Form gegossen hat. Nicht nur seine in Spanisch gesungenen markanten Texte, die ihm den Ruf eines “Mediterranien Crooner” einbrachten, heben ihn ihn aus der Masse ähnlich arbeitender Musiker heraus. López brachte eine langjährige Erfahrung als Musiker und Sänger im Gothic und Postpunk-Underground Barcelonas mit sich und verkörpert bis heute die poppigere Seite jener undefinierbaren lokalen Musikkultur, in der einem Namen wie Ô Paradis, Escama Serrada, Circe und Coagul begegnen und die mit Novy Svet und Niedowierzanie schon einige Auswärtige ins Land gezogen hat. Die experimentelle Aura dieses Dunstkreises ist auch bei Comando Suzie unter der Oberfläche spürbar, und in einigen Songs tritt sie plötzlich ganz offen zu Tage, ebenso wie ein gut dosierter doppelbödiger Humor, den man auch ohne Spanischkenntnisse bemerken kann. Wir sprachen mit Raul über sein neues Album “Corazón o Plomo”, über Hintergründe und Neubesetzungen, die Arbeit mit Partnerin Eva und die Sensibilität, die es braucht, um eine Musik wie die Comando Suzies zu erschaffen. Vorhang auf für einen der vielversprechendsten Geheimtipps dunkler elektronischer Popmusik.

English Version

Dein neues Album wird bald herauskommen. Wie zufrieden bist du mit dem Ergebnis?

Es ist nun schon ein Jahr her, seit das Album fertig wurde, genau genommen…! Aber aufgrund der Pandemie, eines neuen Plattenlabels und anderer Faktoren verzögerte sich die Veröffentlichung. Jetzt wird es hoffentlich bald das Licht der Welt erblicken. Ich glaube, das Album enthält einige der besten Songs, die ich je geschrieben habe, und einige Arrangements und Details, die dem Album ein ganz eigenes Lebensgefühl geben.

Der Titel des Albums ist “Corazón o Plomo”, was “Herz oder Blei” bedeutet. Bei uns steht Blei meist für eine Kugel oder für etwas schweres. Gibt es dahinter eine Geschichte?

Einige Zeit bevor ich mit dem Schreiben der Songs begann, sah ich mir eine spanische Fernsehserie namens “Narcos” an, in der Pablo Escobar immer wieder “Plata o plomo” sagte, was so etwas Bedrohliches bedeutet wie “Gib mir das Geld oder du bekommst eine Kugel”. Aus irgendeinem Grund erinnerte mich das an ein Lied einer spanischen Band namens Astrud, wo es im Refrain heißt: “Ich sage dir, du sollst mich lieben (oder du musst mich lieben)”, in einer bedrohlichen, verzweifelten Art. Es gibt etwas von dieser Verzweiflung in dem Album, wie in einem klassischen Film-Drama, und ich dachte, der Titel “Corazón o plomo” würde irgendwie passen, denn es ist hart und zart zugleich, bitter und süß… so wie das Leben und die Liebe.

Wenn du es mit “Principios Y Salidas” vergleichst, siehst du da eine Weiterführung oder mehr einen Neuanfang?

“Principios Y Salidas” war einfacher in Bezug auf Text, Musik und Produktion. Es sollte bewusst retro klingen, und nur eines der Lieder handelt von Liebe und Beziehungen. “Corazón o Plomo” ist irgendwie eine Fortsetzung des zweiten Albums “El hombre sentimental”, obwohl es eine Entwicklung in Bezug auf die Arrangements und die Produktion gibt. PYS wurde vollständig von mir komponiert und arrangiert, während man bei “Corazón o Plomo” auch deutlich die Handschrift von Eva Grace und Demian Recio erkennen kann.

Es wird der erste Longplayer mit Eva Grace a.k.a. Gracia Auguri sein, aber ihr seid zuvor schon zusammen live aufgetreten und habt in dem Line-up an der “Nuova Guardia”-Compilation teilgenommen. Wie würdest du eure gemeinsame Chemie beschreiben? Schreibt ihr zusammen an den Songs?

Comando Suzie war immer mein persönliches Projekt. Seit den Anfängen, also seit 2006, sind viele Leute gekommen und gegangen, aber sowohl Musik als auch Texte stammen von mir, und ich bin derjenige, der das letzte Wort hat (damit bin ich also ein Tyrann). Natürlich haben die meisten Musiker und Produzenten, die mit mir zusammengearbeitet haben, gute Ideen in das Projekt eingebracht (oder es zumindest versucht). Eva Grace ist eine großartige Sängerin und sie ist brillant auf der Bühne, aber ich kann das Schreiben der Songs von Comando Suzie einfach mit niemandem teilen. Es ist einfach zu persönlich… aber Eva hat oft Ideen wie “du solltest hier ein paar Streicher hinzufügen”, “dieser Klang ist zu tief”, “lass mich eine Mundharmonika aufnehmen”, und sie hat meistens Recht. Wir haben Pläne für ein anderes gemeinsames Projekt, eines, bei dem ich kein Diktator bin, haha.

Eva hat vorher bereits Musik gespielt, u.a. in einer Cabaret-Gruppe. Was denst du, ist ihr wichtigster Beitrag zu Comando Suzie?

Eva hat in der Vergangenheit in einigen Bands gesungen und Bass gespielt und war als Schauspielerin im Theater und Kabarett tätig. Sie spielt auch Gitarre und hat eine so beeindruckende Kultur, wenn es um Musik geht. Sie ist eine brillante Persönlichkeit und hat ein wirklich beeindruckende Präsenz auf der Bühne. Sie fügt die weibliche Seite hinzu, die ich mir immer in Comando Suzie gewünscht habe, vor allem bei den Live-Auftritten.

Es sind noch weitere Leute beteiligt wie z.B. dein Freund Demian von Ô Paradis. Was kannst du uns über die Arbeit an dem Album erzählen?

Demian unterstützte mich bei der Aufnahme des ersten Comando-Albums 2006. Abgesehen von unserer engen Freundschaft ist Ô Paradis zweifellos einer meiner Lieblingskünstler, und ich wusste von Anfang an, dass ich mit ihm in “Corazón o Plomo” zusammenarbeiten wollte. Sobald ich die Demos fertig hatte, schickte ich sie ihm und gab ihm völlige Freiheit, beliebige Arrangements hinzuzufügen oder zu ändern, was immer er wollte. Am Ende wurden einige der Songs praktisch genau die, die ich in meinem Kopf hatte, andere daggen wurden von Demians Magie berührt und wurden etwas ganz anderes als der übliche Comando-Sound, was ich wirklich schätze.

Es gibt außerdem eine besondere Zusammenarbeit mit Aloma Ruiz Boada (Current 93), die in einem der Stücke Violine spielt.

Ja, und es gibt wohl noch Santi Capote, der Gitarre spielt, ein ziemlich unbekannter Name hier bei uns. Er hat auch den Remix eines Songs für Bandcamp gemacht, und ich glaube, du hast für ihn auch einmal einen Mix gemacht. Was kannst du über ihn erzählen? Werdet ihr in Zukunft öfter zusammenarbeiten?

Santi Capote war Teil eines Madrider Duos namens Ellos (Jene), das von den späten 90ern bis zu ihrer Auflösung 2015 ziemlich berühmt wurde. Ich war immer ein großer Fan der Band, und als Santi nach Barcelona zog, lernte ich ihn kennen. Er ist nicht nur ein brillanter Gitarrist und Komponist, sondern besitzt auch ein Mastering-Studio, und so bat ich ihn, “Principios y Salidas” zu mastern. Ein paar Jahre später beschloss ich, Barcelona zu verlassen und nach Terrassa zu ziehen, und merkwürdigerweise fand ich heraus, dass Santi dasselbe getan hatte. Da wir 10 Minuten voneinander entfernt wohnen, dachte ich, es wäre eine fantastische Idee, ihm den Mix und das Mastering von “Corazón o Plomo” anzuvertrauen. Während des Prozesses nahm er einige Synthesizer und Gitarren auf, und da kam mir die Idee zu dem Remix. Natürlich würde ich bei zukünftigen Arbeiten gerne wieder mit ihm zusammenarbeiten.

Lass uns ein bisschen über die Vorgeschichte Comando Suzies reden, du hast ja bereits in den 90ern in verschiedenen Bands gespielt. Wer waren diese Bands und wie klangen sie?

Ich erinnere mich, dass ich in Bands war und Musik gemacht habe, seit mein Vater mir 1989 einen Synthesizer gekauft hat. Einige von ihnen machten elektronische Musik, andere Gothic Rock und Darkwave. Die erste “ernsthafte” Band, in der ich Keyboard spielte, war eine Gothic Rock- und Post-Punk-Band namens Messiah Of Pain. Dort fing ich an, Songs zu schreiben. Sie hatten einen sehr Christian Death, Sisters Of Mercy und Fields of the Nephilim-Stil. Jedenfalls starteten der Gitarrist und ich bald darauf unser eigenes Projekt namens Rememberance, das Elektronik und Gitarren in der Art einiger Bands aus Deutschland kombinierte, wie z.B. Girls Under Glass (wir waren die Vorgruppe bei ihrem Gig in Barcelona), The Eternal Afflict, The Fair Sex, The Invincible Spirit oder auch Bands aus anderen Ländern wie The Cassandra Complex.

Letztlich unterschieben wir einen Verterag mit dem deutschen Label Sounds of Delight und nahmen in einem “echten” Studio auf. Wir waren tatsächlich ziemlich erfolgreich in der Gothic und Darkwave-Szene damals.

Wie bist du damals zu Wave, Post Punk oder Synthiemusik gekommen? Gab es in Barcelona eine größere Musikszene dieser Art?

Ich schätze, es fing alles wie bei vielen anderen Leuten an: Eines Tages hört man Depeche Mode und The Cure im Radio, und das Leben ist nicht mehr was es war. Dann entdeckt man, dass es in den 80er Jahren in Spanien eine ganze Reihe wunderbarer Bands gab, wie La Mode, Aviador Dro, Los Pegamoides oder Parálisis Permanente. Danach überreicht dir ein Klassenkamerad eine Kassette mit The Sisters Of Mercy und Front 242, du nimmst sie mit in irgendeinen dunklen Club der Stadt, und von diesem Moment an bist du ein Teil der Gothic-Szene, entdeckst immer mehr Bands und lernst viele Leute kennen, denn es gab nur wenige Clubs in Barcelona, und jeder kannte jeden. Es war in den späten 80er und frühen 90er Jahren, als ich anfing, mich für Darkwave zu interessieren. Das war eine Übergangszeit, in der die größten Dark und New Romantic-Bands, die Clubs und die Mode im Niedergang begriffen waren. Die Clubs spielten noch Musik von Bands wie Front 242, Virgin Prunes, Sex Gang Children, Borghesia, Pankow, à,GRUMH oder The Invincible Spirit, aber zur gleichen Zeit tauchten in Deutschland neue Bands auf, die mich total faszinierten. Ich spreche von der ganzen Explosion von Elektro-Gothic-Bands wie Project Pitchfork, Deine Lakaien, Das Ich, In Strict Confidence, The Fair Sex, Dance or Die, etc.

Wann wurde Comando Suzie aus der Taufe gehoben? Es war dann wohl von Anfang an dein Projekt…

Obwohl ich lange Zeit Keyboard gespielt und Sachen komponiert habe, hatte ich noch nie gesungen. Die Sache begann ganz plötzlich, damals 2006, nachdem ich zu einem Konzert einer lokalen Band namens Tarántula gegangen war, das wirklich mein Leben verändert hatte. Die Darkwave-Szene und die Musik im Allgemeinen langweilten mich ein bisschen, und dieses Konzert brachte für mich etwas von der Faszination zurück, die ich Anfang der 90er Jahre für die deutschen Bands empfand, vielleicht war es sogar noch intensiver. Und fast zufällig, sozusagen als Scherz, beschloss ich, über jedes Mitglied von Tarántula einen Song zu schreiben, und ich lud sie alle auf MySpace hoch, damit sich meine Freunde darüber amüsieren konnten. Bald darauf wurde ich vom italienischen Label Punch Records kontaktiert, und Tairy lud mich ein, eine CD aufzunehmen und am ersten Festival teilzunehmen, das das Label in Leipzig organisierte, zusammen mit Bands wie Novy Svet, Ait!, Ô Paradis, Wermut, Thomas Nöla, Mushroom Patience…

Comando Suzie war von Anfang an ein sehr persönliches Projekt, eine Möglichkeit, mich auszudrücken, ohne Angst vor den Meinungen der Leute zu haben.

Ich mag den Namen Comando Suzie mit seiner zwiespältigen Unbestimmtheit. Ich weiß, dass es “cooler” ist, ein Geheimnis um einen Bandnamen zu machen, aber wie kam es dazu?

OK, ich erzähle dir, wie absurd es war, als es zu dem Namen kam. Novy Svet lebten zu dieser Zeit in der Nähe von Barcelona, und an den Wochenenden aßen wir zusammen mit Jürgen, Frl. Tost, Demian von Ô Paradis und Sergio von Escama Serrada in einer Pizzeria in der Nähe meiner Wohnung zu Abend. Novy Svet hatten ein Nebenprojekt namens Unidad Sasao, und so kam ich nach einigen Flaschen Lambrusco auf die Idee, dass ich, wenn ich jemals eine Band hätte, sie ähnlich nennen würde, wie Comando Sasao oder Comando Susi (Susanna war der Name meiner damaligen Partnerin). Dann hatte Frl. Tost vorgeschlagen, dass es auf Deutsch viel besser klingen würde, “Suzie”. Und das ist die Geschichte hinter dem Namen…

Für mich hat deine Musik immer etwas Hypnotisches, das mit einer tiefen Melancholie verbunden ist. Ist das generell eine Haltung, die dir vertraut ist?

Ich bin ein derart melancholischer Mensch, dass ich versuche, all das zu vermeiden, um nicht in einen tiefen Brunnen zu fallen, aus dem ich nicht mehr entkommen kann. Diese Tür öffne ich nur, wenn ich Songs schreibe, und dann schließe ich sie sofort wieder.

Trotz deiner Arbeit mit Repetition und zum Teil einfachen Mustern wirkt deine Musik auf mich niemals minimalistisch. Vielleicht ist es die emotionale Seite, die sie vital und opulent erscheinen lässt. Wie denkst du darüber?

Ich liebe einfache Muster in der Musik. Tatsächlich mag ich Einfachheit im Allgemeinen, und ich habe immer geglaubt, dass weniger oft mehr ist. Ich mag zum Beispiel Hip-Hop-Beats und auch minimalistische Electronica-Rhythmen. Ich denke, der Kontrast zwischen diesen kalten und einfachen Beats und meinem Gesangsstil, der so leidenschaftlich und wortreich ist, und den Texten, die eher denen eines klassischen Songswriters ähneln, sind die Dinge, die Comando Suzie von einer typischen Minimal Electro-Band unterscheiden.

Wie kommt es bei dir zu Ideen für neue Liede, passiert so etwas beim Experimentieren im Studio oder eher zufällig?

Normalerweise komponiere ich, während ich Keyboards mit einem Klaviersound spiele, auf der Suche nach der Struktur eines Liedes. Ich spiele mit Akkorden, aber manchmal entsteht das auch aus einem rhythmischen Muster oder aus einem bestimmten Synthiesound. Meistens mache ich zuerst die Musik und füge später den Text hinzu, aber kommt auch vor, dass mir sowohl ein Text als auch Musik plötzlich beim Motorradfahren in den Sinn kommen, und dann muss ich, sobald ich nach Hause komme, ins Studio eilen.

Im Laufe der Zeit haben bei Comando Suzie immer wieder andere Leute mitgewirkt, trotzdem gibt es ein fortwährendes Element oder eine Art bleibende Signatur. Was ist für dich der rote Faden, der sich durch alle Aktivitäten der Band zieht?

Wie ich schon sagte hat jede Person, die jemals mit Comando im Studio oder live dabei war, Ideen beigesteuert. Es gibt nur eine Sache, die ich niemals akzeptieren würde, und das sind alle Änderungsvorschläge zu meinen Texten.

Gibt es ein Album, das du als dein wichtigstes betrachtest?

Mein Lieblingsalbum ist das zweite, “El Hombre Sentimental”, weil es, abgesehen vom neuen Album, das persönlichste ist, was die Dinge betrifft, die ich in den Texten erkläre, und es ist die perfekte Mischung aus Elektronik und organischeren Klängen.

Einige der neuen Stücke sind bereits auf Bandcamp und Youtube zu hören, z.B. das Lied “Espigón”. Der Text bezieht sich, wie schon im früheren Song “Fotos”, auf so etwas wie die Liebe im Zeitalter der digitalen Medien, und für mich erschien er fast wie ein Ausschnitt aus einem Film im Stil von Eric Rohmer. Betrachtest du dich selbst als Geschichtenerzähler?

Auf jeden Fall. Was ich vom ersten Album an mache, ist, Geschichten über Dinge zu erzählen, die um mich herum passieren, über meine Freunde, Bekannten, die Gesellschaft… Es macht mir wirklich Spass, eine Geschichte, die mehr oder weniger Sinn macht, in 3 oder 4 Minuten zu verdichten. Natürlich bekomme ich auch sehr viele Ideen aus Dingen, die ich in den sozialen Medien sehe oder lese.

Im Video und im Titel scheinen Orte eine Rolle zu spielen, und der Zoom trägt den Betrachter durch die ganze Szenerie. Beziehst du dich auf Orte, die mit deiner eigenen Biografie verbunden sind?

Als ich in Barcelona lebte, liebte ich es, Zeit am Strand zu verbringen und durch die Wellenbrecher zu laufen. Das ist das Einzige, was ich manchmal von der Stadt vermisse. Ein Teil des Videos wurde während der Quarantäne aufgenommen, damals im März, deshalb sieht der Strand menschenleer und irgendwie phantasmagorisch aus, und der Rest sind ältere Bilder, die ich auf meinem Telefon hatte.

Übrigens, was ist das für ein Ort mit den Hochhäusern am Anfang des Clips? Ich fühlte mich fast wie in einem Jess-Franco-Film…

Diese Gebäude befinden sich in einem Gebiet namens Diagonal Mar, in der Nähe des Strandes und des Parc del Fòrum, wo das Festival Primavera Sound stattfindet. Ich mag diese Gebäude, weil sie etwas Beunruhigendes haben, aber gleichzeitig fühlt man sich von ihnen angezogen und kann einfach nicht aufhören, sie anzustarren.

“Nubecita y Tormenta” bedeutet “Wolke und Sturm” und behandelt ein Thema, auf das sich auch Coagul bezogen hat: Die schnellen Verschiebungen und Veränderungen, die eine Stadt wie Barcelona in diesen Tagen durchmacht. Im Text hört man von den Innenstadtbezirken Gracia und Poble Sec. Was hat dich zu diesem Lied inspiriert?

Es ist eine Art Tour durch das nächtliche Barcelona, mit seinen endlosen Stunden voller Clubs, Musik, Gesichter und allerlei Exzessen, und wie andere Songs des Albums ist es irgendwie eine Art Abschied von einer Stadt, die ich in ihrer höchsten Intensität erlebt habe, und einem Ort, an dem ich so viele Abenteuer und Missgeschicke erlebt habe, die mich emotional erschöpft haben.

Du bist vor einiger Zeit in die Nachbarstadt Terrassa nördlich von Barcelona, gezogen, Evas Geburtsort. War das eine spontane Entscheidung, und hat der neue Ort Einfluss auf dein Songwriting?

Sowohl Eva als auch ich waren mit einem ähnlichen Punkt in unserem Leben konfrontiert. Wir hatten das Gefühl, dass unser Leben in der Großstadt zu Ende ging, und so beschlossen wir, nach Terrassa zu ziehen, wo es ruhiger zughet und ein langsamerer Rhythmus vorherrscht. Terrassa ist viel kleiner, es gibt weniger kulturelle Veranstaltungen, keine Touristen, keine Hipster, keine experimentellen Musikclubs… es fühlt sich ein bisschen wie in einem Dorf an, und das hat natürlich seinen Einfluss auf das Songwriting. Vielleicht werden die nächsten Texte ein bisschen anders sein, ein bisschen introspektiver, wer weiß?

Vor zwei Jahren war Comando Suzie neben Coagul, Escama Serrada und O Paradis Teil der schon erwähnten Compilation “La Nuova Guardia”. War es hauptsächlich eine Feier eurer Freundschaften oder auch eine Art Hommage an den “katalanischen Underground”?

Beides! Auch wenn wir musikalisch recht unterschiedlich sind, gibt es etwas Gemeinsames, das alle vier Bands verbindet, und es ist dieser mediterrane Pop-Folk-Industrial-Geist, der von Novy Svet gesäht wurde in der Zeit, als sie in L’Ametlla del Vallès lebten.

Eure Interpretation des Kinderlieds “Como la Luna” ist für CS ganz außergewöhnlich, da sie eher experimentell ist, und für mich passte sie ganz gut zu der damals unruhigen Situation bei euch in der Gegend. Worum geht es in dem Lied?

Nun, es war Evas Idee, eine Coverversion dieses Kinderliedes zu machen, und alle Arrangements in dem Lied sind von ihr selbst, deshalb hat es einen anderen Klang als die üblichen Comando-Lieder, denn sie wollte etwas Experimentelleres ausprobieren. Es ist ein Lied, das wir als Kinder gesungen haben. Es geht darum, so hoch wie der Mond zu sein, aber wir waren total überrascht, als uns auffiel, dass der Text von Soldaten handelt, die aus den Gefechten in Katalonien kommen. Also ja, es hat irgendwie mit der politischen Situation zu tun, und seltsamerweise fügten wir nachträglich einige Worte hinzu, in denen der damalige spanische Präsident über die Katalanen sprach, und nur wenige Tage später trat er zurück. Wir haben also viel gelacht, als wir dachten, dass wir vielleicht unbewusst eine Art Zauberspruch geschaffen hatten.

Heutzutage sollte man mit zukünftigen Plänen und Wünschen vorsichtig sein, aber natürlich haben wir alle welche. Gibt es bereits Pläne für Comando Suzie im Jahr 2021?

Ich habe vor einigen Jahren aufgehört, langfristige Pläne zu schmieden, und jetzt sogar noch mehr. Ich hoffe lediglich, dass ich die neue Schallplatte in die Hände bekomme und einige Auftritte wie früher machen kann, mit Menschen, die ohne Maske lächeln.

(Interview: U.S., Übersetzung U.S. und N. Seckel)

Fotos: Mònica de Miguel und Eva Grace

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