IZ: Kөlêngkê

Es ist immer erfreulich, wenn die Vermischung alter, traditioneller Musik mit eher lärmigen Sounds nicht in einem heillosen Mischmasch endet. In den gelungensten Fällen, wenn folkiger Akustiksound und räudige Krachbeigaben gut ineinander greifen, entstehen Arbeiten, die alten Stilen neues Leben einhauchen. Rituelle Musik, bei der archaische Instrumente mit industriell konnotiertem Metallscheppern zusammentreffen, ist dafür ein gutes Experimentierfeld.

Ich bin nicht einmal sicher, ob Iz, deren Mitglieder aus Kasachstan und China stammen, das Rituelle so sehr anstreben, aber ihr vor einiger Zeit wiederveröffentlichtes Album “Kөlêngkê” (ursprünglich von 2011, der Titel bedeutet “Schatten”) erfüllt die genannten Kriterien bei ihrem Zusammenspiel aus alten kasachischen Instrumenten und allerlei Metallschrott auf geradezu vorbildliche Weise.

Auf den allerersten Eindruck ist der Hintergrund der drei Musiker im Industrial noch nicht unmittelbar herauszuhören, denn “Kөlêngkê” wird zunächst mit von Handdrums untermaltem Saitengeschrammel und kernigem Gesang in Kasachisch eröffnet. Dass die in unseren Regionen nicht sehr bekannte Turksprache in der Darbietung von Sänger Mamer, der gekonnt zwischen Sprechgesang und harten Shouts wechselt, etwas deftiges, beinahe ur-folkiges bekommt, könnte ein Grund sein, warum man schon recht früh bemerkt, dass man es hier nicht mit pittoresker Weltmusik zu tun hat. Mit der Zeit gesellen sich immer wieder andere Elemente hinzu, die der Musik eine Kantigkeit verleihen, die sperrig ist, ihr im Fall der derben Perkussion aber auch eine fast groovige Hypnotik verleiht.

Über die Bässe und allerlei atonales Schaben, Quietschen und Rasseln bleibt trotz des akustischen Sounds und Instrumenten wie Maultrommel und Dombra immer ein Minimum an Atonalität gewahrt, und selbst wenn die (z.T. mehrschichtigen) Rhythmen etwas dynamischer werden, ist das Resultat niemals Rock – wenngleich das organische Basspiel immer mal einen Hauch von Postpunk anklingen lässt, bei dem ich für Momente an Bands wie Savage Republic denken musste. Ehe man sich versieht, katapultiert das zackig-repetitive Strumming auf einer kasachischen Laute einen aber wieder in ein Setting zwischen Zentralasien und dem Dach der Welt.

“Kөlêngkê”, das gerade auf Vinyl im Gatefold und remastered von James Plotkin wiederveröffentlicht wurde, hat kaum Längen, im Gegenteil könnten polyrhytmische Songs wie “Sөndêniü” mit seinen gut zwei Minuten ewig im gleichen Stil weitergehen. Weitere Höhepunkte sind das mit seinem treibenden Gerassel unglaublich mitreißende “Sulu” (dt. “Schönheit”) und das abschließende “Ahxam” (“Abenddämmerung”), dessen grooviger Basslauf für einen der tanzbarsten Momente sorgt. Iz bedeutet übrigens Fußabdruck, und ich hoffe, den werden sie im Gedächtnis einer internationalen Hörerschaft hinterlassen.

Label: WV Sorcerer Productions