2nd Festival of Arts Nowruz: Neue Anthologie auf Post Orientalism Music

Als zentrales Element der diesjährigen Reihe “2nd Festival of Arts Nowruz” präsentiert das Label Post Orientalism Music eine umfangreiche Compilation zeitgenössischer, weitgehend elektroakustisch ausgerichteter Musik. Die Sammlung vereint Beiträge von etablierten und neueren Stimmen der internationalen experimentierfreudigen Musikszenen – unter anderem aus Iran, Nordamerika, Europa und Japan. Die Anthologie knüpft an die gleichnamige Veröffentlichung des Vorjahres an und versteht sich als Plattform für polyphone Ausdrucksformen jenseits von religiöser oder staatlicher Normierung. Nowruz – ein traditionelles iranisches Frühlingsfest – wird hier als offener Denkraum begriffen, in dem Vielfalt als künstlerischer Wert betont wird. Das Album erscheint zunächst in einer Pre-Release-Version, in der die klangliche Heterogenität der einzelnen Werke bewusst erhalten bleibt. Später folgt eine finale Edition mit durchgängiger Nachbearbeitung und ergänzender Begleitbroschüre, nicht alle Beiträge sind derzeit bereits im Stream zu hören.

Zu den ersten bereits verfügbaren Beiträgen zählen etwa Dave Seidels “Penumbral”, das auf einem mikrotonalen Tonsystem nach La Monte Young basiert, sowie das jazznahe Piano-Stück “The Emerald Path to Redemption” von Joseph Benzola. Weitere Werke sind bereits erschienen, darunter Soheil Shirangis ernst und zurückhaltend gespieltes “Solo Piano No.1″, die vielschichtige Komposition “9880.98 km” von Deniz Tafaghodi, in der Kamancheh, Percussion und Elektronik ineinandergreifen, und das von aquatischen Sounds getragene Audiostück “Nowruz: Things or Event?” von Nik Masoo mit einem dramatischen Text von Ehsan Saboohi. Auch der dreiteilige Beitrag von Hubert Heathertoes fällt auf – eine dichte, hörspielartige Arbeit mit starken Kontrasten, lärmigen Elementen und hörbaren Brüchen. Abtin Golfam alias T-Noll steuert einen eindringlichen Track bei, der zwischen eruptivem Rhythm Noise und elektronischer Raffinesse oszilliert. Verzerrte Texturen, brodelnde Klangschichten und plötzliche Brüche formen ein Stück, das trotz seiner Schärfe eine eigentümliche Geschmeidigkeit bewahrt und sich mit jeder Minute wandelt.Einen anderen Zugang wählt das von Zwillingen gegründete Duo Zaher mit z.T. heiteren Interpretationen klassischer Gitarrenstücke, etwa von Mario Castelnuovo-Tedesco oder Manuel Ponce. PuppeTwin – alias Dear Wakabayashi – steuert eine kurze vokal-perkussive Arbeit bei, deren Text über das Wiedererwachen von Leben in der Dunkelheit sinnt. Ehsan Saboohis eigener Beitrag “Who is Time” stellt die gewohnte Vorstellung von Zeit als linearem Konzept infrage und fragt nach einer ontologischen Selbstständigkeit zeitlicher Erfahrung. Ein verrauschter Tumult mit zahlreichen Detonationen von RDKPL, drei recht unterschiedliche geartete Soundartstücke von cinematischer Eindringlichkeit von Ali Araab, und ein ultraverzerrtes Noisebrett von Elektr0bath runden die Sammlung ab, die Beiträge von Kimia Koochakzadeh-Yazdi und Bruce Hamilton erscheinen noch in Kürze. Insgesamt entsteht eine Sammlung, die sich nicht durch stilistische Einheit definiert, sondern durch eine bewusste Offenheit in Form und Ästhetik. Die vollständige digitale Veröffentlichung ist für den 25. Mai vorgesehen.