Etwas rauscht, als wäre es schon immer da gewesen. Ein leises Flirren, das an der Schwelle zwischen Luftzug und Erinnerung liegt. Aus dieser Szenerie nahe an der Stille entsteht “Til Vinden I Dine Øjne”, das neue zwei lange Stücke umfassende Album des in Kopenhagen lebenden Künstlers øjeRum. Zwei lange Kompositionen entfalten sich in einem kreisenden Fluss, der keine Anfänge und keine Enden kennt, sondern verweilt wie Licht, das sich in Dunst auflöst.
Der halbstündige Titeltrack beginnt mit entrückten Tupfern, die an ein entstelltes Klavier erinnern. Verrauscht, repetitiv und von leiser Traurigkeit durchzogen, breitet sich der Klang aus wie kühler Wind. Mit der Zeit wird die Textur weiter, rauschender, vielleicht auch melodischer, wobei nie ganz klar ist, was halluziniert und was wirklich da ist. Einzelne Details wirken wie das Rauschen einer gemächlichen Brandung, zwischendurch mischt sich ein futuristisch wirkendes Piepen darunter, bevor das Stück in einem dröhnenden Rauschen ausklingt. Kurz vor Schluss: das Krächzen einer Krähe.
“Tågen Ved Mørkets Mund” wirkt zunächst gleichmäßiger, noch ernster, doch gerade diese scheinbare Statik öffnet sich bei näherem Hören in schwebende, hypnotische Schichten. Auch hier viel Rauschen, durchzogen von einem inneren Glühen. Im Zentrum, halb verborgen, ein melodisches Pfeifen, das für einen Moment fast etwas Idyllisches hat, so als könnte es die Szene aufreißen. Doch alles bleibt im Schwebezustand.
øjeRum, bekannt zugleich als Collagekünstler und Musiker, gelingt mit diesem Album eine Arbeit, die von Abwesenheit und Präsenz zugleich lebt. Sie wirkt reduziert, aber nie leer, vielmehr wie ein Raum, in dem die Zeit sich auflöst. (A.Kaudaht)