CANNIBAL MOVIE: Mondo Music

Cannibal Movie sind eine Combo, deren Werk man als eine leidenschaftliche Hommage betrachten kann. Den Gegenstand der Verkultung muss man nicht lange suchen, denn er liegt in so ziemlich jeder künstlerischen Äußerung des Duos auf der Hand – Bandname, Titel und natürlich die Musik referieren auf eine Zeit, in der auch das Reißerische und Triviale eine würdevolle Ästhetik ausstrahlen konnte und weit entfernt war vom grellen Ramsch der folgenden Jahrzehnte. Gemeint sind die 60er und frühen 70er mit ihrer charakteristischen Populärkultur, eine Zeit, in der aus der Ikonografie des Konsums noch Popart werden konnte. Heute undenkbar, außer man verschreibt sich der Retromanie. Weiterlesen

HOW MUCH WOOD WOULD A WOODCHUCK CHUCK IF A WOODCHUCK COULD CHUCK WOOD?: s/t

Wie viel Holz würde ein Murmeltier hacken, wenn ein Murmeltier Holz hacken könnte? Ich weiß es nicht, aber ich vermute mal, dass die Turiner Gher, Coccolo und Iside, die ihre Band nach diesem Zungenbrecher, einem englischen Pendant zu unserem “Fischers Fritz” benannt haben, wohl noch öfter in Interviews beweisen müssen, dass sie ihren eigenen Bandnamen fließend aussprechen können. Manche behaupten, der merkwürdig onomatopoetische Singsang des Namens sei nicht nur einprägsam, sondern würde mit seinen Assoziationen von Waldeinsamkeit und verschlafenen Nagern mit Superkräften auch die Musik des italienischen Trios ganz gut wiedergeben. Vorweg: Ich stimme dem nur zu unter der Einschränkung, dass sie keine Romantiker sind. Weiterlesen

Cigarettes are always very important. Ein Interview mit Onga vom Label Boring Machines

Italien hat derzeit eine der produktivsten und vitalsten Musikszenen. Unabhängig von Genres, aber auch ohne zwangsläufig das “Ganz Neue” erfinden zu müssen, sind in den letzten Jahren Bands, Labels und kleine Netzwerke entstanden, deren roter Faden ein Interesse am Ungwöhnlichen und Unvorhersehbaren ist. Eines der zur Zeit rührigsten Labels ist Boring Machines aus Treviso nördlich von Venedig, dem die Welt bereits Platten von Father Murphy, Heroin In Tahiti und dem Wave-Veteran Simon Balestrazzi verdankt. Doomiger Surfrock und spacige Drones findet man dort ebenso wie orientalisch anmutenden Psychrock und aller Songstrukturen entkleidete Akustiksounds. Weiterlesen

LA PIRAMIDE DE SANGUE: Tebe

Die Pyramide und das Blut sind Symbole mit einer langen Geschichte. Die Frage, ob bei La Piramide Di Sangue, einer Psych Rock-Bande aus Turin, all die zahlreichen Bedeutungen von der Lebenskraft bis zur monumentalen Ordnung zusammen kommen, wäre wohl eher spekulativ zu beantworten, schon weil die Musik der siebenköpfigen Gruppe weitgehend auf Texte verzichtet und die wenigen Ausnahmemomente mit Worten in einer mir fremden Sprache aufwarten. Angesichts der energiegeladenen Musik neige ich jedoch zu einem intuitiven Ja. Weiterlesen

V.A.: Occulto Issue √-1 (Magazin & CD)

Als ich mich nach dem Abitur für ein paar geisteswissenschaftliche Fächer eingeschrieben hatte, war das – neben dem Wunsch, besser fachsimpeln zu können – vor allem, weil ich in Mathe scheiße war und gar nichts anderes hätte studieren können. Ich hab’s bis heute nicht bereut. Dass Kultur- und Naturwissenschaftler oftmals in zwei getrennten Parallelwelten leben und nur ein eng begrenztes Repertoire an Klischeevorstellungen voneinander haben, ist auch mir recht früh aufgefallen, eine Ahnung bekommt man davon ja bereits als Schüler. Die einen machen etwas, dass ganz nett ist, aber eigentlich nichts mit Wissenschaft zu tun hat, die anderen sind eigentlich keine richtigen Intellektuellen, sondern Handwerker mit Hochschulabschluss u.s.w. Weiterlesen

HEROIN IN TAHITI: Death Surf

Exotismus funktioniert am besten, wenn er eine deutliche ironische Brechung erfährt. Nicht in der Form, dass es zu einer rein negativen Persiflage gerinnt, die nur dazu dienen soll, die hinter eskapistischer Tropensehnsucht versteckte Resignation und Sozialverweigerung in all ihrer konsumorientierten Trivialität bloßzulegen – das gab es immer, hat die Exotik-Industrie nie an der Kitschproduktion gehindert und ist sowieso allzu oft an der Schwierigkeit gescheitert, die Grenze zwischen Kritik und Miesmacherei zu erkennen. Eher die “Jetzt erstrecht”-Variante, die sich der Klischeehaftigkeit und teilweise Billigkeit ihrer Lieblingsmotive bewusst ist und das ganze mit viel Camp-Attitüde dennoch goutiert. Ein Problem ist allerdings, dass Ironie heutzutage generell ziemlich abgelutscht ist Weiterlesen

BALLO DELLE CASTAGNE: Kalachakra

Ballo Delle Castagne traten erstmals vor drei Jahren als Supergroup in Erscheinung, in der Mitglieder diverser italienischer Folkbands zeigten, dass sie auch laute und rauschhafte Musik machen können. Psychedelic hat in den letzten Jahren so mancher Folkkapelle aus der kreativen Sackgasse geholfen, aber das besondere an den vier Italienern unter dem Zeichen der Kastanienkugel ist der punkige Drive, den sie der Musik dabei verpassten. Weiterlesen