BLACK SUN PRODUCTIONS: Toilet Chant

Vor rund vier Jahren gab die Schweizer Musik und Performance-Gruppe Black Sun Productions ihre Auflösung bekannt, um fortan in anderen Projekten aktiv zu sein, jüngst erfuhr man, dass die Mitglieder Massimo und Pierce wieder ihren alten Namen Anarcocks benutzen. Rückblickend muss man sagen, dass sie ein ungewöhnliches und bemerkenswertes Phänomen waren, denn ihre Nähe zu Coil war mit keinem anderen mir bekannten Fantum vergleichbar: Ihnen fehlte das Verdruckste, gewollt eigenständige, das Bemühen, jemand anderes zu sin und zugleich unter den Teppich zu kehren, dass es diesen anderen schon Weiterlesen

THIGHPAULSANDRA: The Golden Communion

Etwas Monumentales haftet dem Werk Thighpaulsandras an, und das in Zusammenhängen, die gleich die wichtigsten Säulen seines Werks als Musiker, Sänger und Performer umfassen: Die epische Struktur seiner oft ausladenden Kompositionen, ferner die dem Eindruck nach allesumspannende Weite seiner thematischen und atmosphärischen Konzepte, für die Genrebegriffe wie Soundart, Rock, Jazz, Psychedelia oder Ambient kaum eine Rolle spielen. Dann nicht zu vergessen seine raumfüllende Stimme und die großen theatralischen Gesten, die niemals aufgesetzt wirken. Man würde sich auch nicht trauen, ihm den Weiterlesen

PETER CHRISTOPHERSON: Time Machines II

Auch wenn es profan sein mag, aber vor der Auseinandersetzung mit dem eigentlichen Werk ein paar Worte über die Art und Weise, wie mit dem Nachlass von Coil umgegangen wird: Dass man sich (noch immer) nicht auf einen Modus zur Wiederveröffentlichung der regulären Alben hat einigen können, ist mehr als bedauerlich und nutzt letztlich auch nur einer Partei: nämlich den Bootleggern. Wer in den letzten Monaten Plattenläden in London durchstöberte (oder aber schlicht das Internet bemühte), der fand eine Reihe sich den Nimbus des Offiziellen gebenden Veröffentlichungen. Weiterlesen

X-TG: Desertshore / The Final Report

Schon die Re-Formation Throbbing Gristles im Jahr 2004 nach der Terminierung der Mission im Jahre 1981 war eigentlich ein Affront, ein zum Scheitern verurteilter Versuch, denn Throbbing Gristle waren immer mehr als nur die Musik. Von Anfang an ging es (auch) um das Außermusikalische, die Transgression, den Schock, der sicher eine ebenso wichtige Rolle zur Bildung der „Legende“ (David Henderson in Sounds) beitrug, wie diese „Musik der Unbefugten“ (G. Brus). Ganz häretisch könnte man sagen, dass die Geschichte (durchaus doppeldeutig zu verstehen) Throbbing Gristles vielen Rezensenten geläufiger war als die Musik. Gegen diese These spricht auch nicht der (erfolgreiche) Versuch eines Journalisten 24 Stunden am Stück die Musik der Band zu hören. Weiterlesen

BOYD RICE/NON: Back to Mono

Ursprünglich war der Amerikaner Boyd Rice von der ersten Industrialgeneration einmal der a- und unpolitischste: Nur im allgemeinen Sinne konnte man aus der Beschreibung seiner Musik als „de-indoctrination rites“ spezifische Handlungen ableiten, im weitesten Sinne ließe sich diese Beschreibung als Ablehnung von Autoritäten lesen und man könnte ihr einen aufklärerischen Impetus zuschreiben, wie das bei den Zeitgenossen TG, SPK, Cabaret Voltaire – trotz aller Ambivalenzen – auch immer der Fall war.

Weiterlesen

HIRSUTE PURSUIT: Tighten That Muscle Ring

Die schwule Subkultur der Bären betont eine archaische, scheinbar ungebrochene, will sagen: nicht feminisierte Maskulinität durch (Über-)Betonung gewisser Verhaltensweisen und Äußerlichkeiten (starke Behaarung etc.), wobei natürlich jede Subkultur nur durch Abgrenzung existieren kann und will und daher auch von Symbolen und Codes abhängig ist, die die betreffenden Personen als zugehörig oder nicht zugehörig ausweisen. Weiterlesen

ELECTRIC SEWER AGE: In Final Phase

In meiner Rezension zu „The Ape of Naples“, die gleichzeitig (auch) eine Art Nachruf auf Jhonn Balance war, schrieb ich, dass Trauer oftmals etwas Egoistisches ist, man darüber betrübt sei, nicht mehr in den Genuss weiterer künstlerischer Werke der Verstorbenen zu kommen. Dabei wurde das 2005 bekannt gegebene Ende Coils durch die postumen Veröffentlichungen verzögert. Nach Sleazys Ableben hat das alles nun eine endgültige, eine finale Note und man sucht verzweifelt nach noch ungehörten und unerhörten Stücken. Weiterlesen

ERNESTO TOMASINI – Interview

Ernesto Tomasini dürfte einigen Lesern dieser Publikation durch seinen Gesang auf dem vor knapp zwei Jahren auf Durtro veröffentlichten Album „Digital Angel“ von Othon aufgefallen sein, auf dem die mehrere Oktaven umfassende Stimme des gebürtigen Italieners, der seit Mitte der 90er Jahre in London lebt, einer der Höhepunkte war. Ein Jahr zuvor hatte Tomasini bereits zusammen mit Fabrizio Modonese Palumbo  (Larsen) ein experimentelles Album aufgenommen, auf dem sie u.a. Judas Priests „Breaking the Law“ coverten. Weiterlesen

PETER CHRISTOPHERSON – Interview

Peter Christopherson, der schon seit mehr als drei Dekaden den Spitznamen Sleazy trägt, hat wohl wie kaum ein anderer im weiten Feld des (Post-) Industrials eine tragende Rolle gespielt. Er gründete mit Chris Carter, Cosey Fanni Tutti und (damals noch) Genesis P. Orridge die aus der von den Wiener Aktionisten beeinflussten Performancegruppe COUM TRANSMISSIONS hervorgegangenen THROBBING GRISTLE. Weiterlesen

THE THRESHOLD HOUSEBOYS CHOIR: Forms Grow Rampant

Nach zwei Samplerbeiträgen veröffentlicht Peter Christopherson das erste Album seines neuen Projektes. Der ursprüngliche Plan war es, die gesamten Vocals und das Erscheinunsbild des “Chors“ komplett am Computer zu generieren, etwas, das – wie es in den Linernotes heißt – noch nicht zu realisieren war. Stattdessen wurden die Vocals aus indigenen Quellen entlehnt und erheblich verfremdet. Weiterlesen