Unter der Regie von Iris Drögekamp und Thomas Weber und nach dem Script des Lyrikers Ulf Stolterfoht entstand unter dem Titel “Ein Strumpf wächst durch den Tisch” ein ambitioniertes Hörspiel, das sich der Macht von Namen und Benennungen widmet und der Frage, wie Hierarchien prachlich wiedergegeben und transportiert werden. Der Text basiert auf den Mitteilungen, mit denen sich die Gefangenen von Stammheim untereinander verständigten, zudem gibt es Gastauftritte historischer Figuren wie Ludwig Wittgenstein und Herman Melville. Das Hörspiel – mit einem Score des Kammerflimmer Kollektief – erscheint am 25. Oktober auf Vinyl und als Download bei Karlrecords.
“sone art strumpf, den die gefangenen von prozeß zu prozeß stricken, an ihrem lernprozeß, ihrer connection, bis, naja, er durch den tisch gewachsen ist: die revolution”, schreibt Andreas Baader den Stammheimer Mitgefangenen in einem Kassiber vom 22. April 1976. Und während in den Zellen weitergestrickt wird am revolutionären Strumpf, sitzt in einem anderen Kämmerchen die verzweifelte Müllerstochter und weiß sich um ihr Leben keinen Rat, wie denn das Stroh zu Gold zu spinnen wäre. “Heißest du etwa Wittgenstein?”, will sie vom Männlein wissen. “Heißest du Starbuck, Schnürbein, Ahab, Quiqueg, Hammelwade? Heißest Du etwa Lazarus?” “Nein, nein, so heiß ich nicht!” Etwas Lebendes ist ihm nämlich viel lieber als alle Schätze der Welt. Und wie, wenn jeder etwas Lebendes in einer Schachtel hätte, einen Käfer zum Beispiel, und wüsste nur vom Anblick seines Käfers, was ein Käfer ist. – Da könnte es ja sein, dass jeder etwas anderes in seiner Schachtel hätte. Und durch den Namen wäre zu kürzen. “Das hat dir der Ludwig gesagt, das hat dir der Ludwig gesagt”, schrie da das Männchen und riss sich selbst mitten entzwei.” (…)
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