Der iranische Elektroakustiker und Karmancheh-Virtuose Saba Alizadeh hat, angeregt durch die vor einem halben Jahr begonnenen Konflikte im Iran, ein neues Stück komponiert und mit einem Video des Filmers Siavash Naghshbandi zu einem plurimedialen Werk verknüpft. Das melancholisch-ernste Stück trägt den Titel “Nafir (Aufschrei)” und stellt in intensiven Bildern und Klängen das Leben im Iran nach den Erhebungen dar. “Musik und Bilder sind ein unheimlich bedrückendes (und am Ende doch hoffnungsvolles), sehr starkes künstlerisches Statement und spiegeln gut die Emotionen derer wieder, die aktuell unter dem Regime in Iran leben und leiden”, heißt es bei seinem Label 30M.
Alizadeh bezeichnet den Track als “Klang von Millionen von Aufschreien, die durch das alte Streichinstrument Kamancheh kanalisiert werde”. Das Instrument eignet sich auch deshalb besonders, da es dem klanglichen Spektrum der menschlichen Stimme recht nah kommt. Den Sound der Unterdrückung repräsentieren die rhythmischen Elemente, die teilweise an Explosionen erinnern und immer wieder – vergeblich – versuchen, die Melodie des Streichinstruments zu übertönen und zu zerstören. Andere, dem gegenläufige Takte entstammen dem Klang einer Sprühdose, die den Widerstand in Form an die Wände geschriebener Parolen repräsentiert. Zur visuellen Seite und ihrer Verknüpfung mit der musikalischen Botschaft heißt es beim Label “Im Video, von Visual Artist Siavash Naghshbandi eindrucksvoll umgesetzt, interagieren die Stimme der Kamancheh und des Lichtstrahls miteinander: je lauter die Stimme der Kamancheh wird, desto heller wird der Strahl.
Sie kämpfen gegen die bedrohlichen Rhythmen und dem ihnen zugeordneten metaphorischen Schwarm von Kalaschnikow-Kugeln (als universelles Zeichen der Unterdrückung). Das Finale vermittelt letztendlich Hoffnung: es gelingt dem Aufschrei der Kamancheh und dem warmen hellen Licht am Ende doch, die Kugeln, die Dunkelheit und Unterdrückung zu besiegen”. Alizadeh wurde 1983 in Teheran als Sohn des bekannten Komponisten und Musikers Hossein Alizadeh. Bislang liegen von ihm zwei Longplayer, “Scattered Memories” (2019, Karlrecords) und “I May Never See You Again” (2021, 30M Records), vor.