Im Oktober bringen Bureau B eine Sammlung alter und rarer Tapeaufnahmen von Martin Rev heraus. Der Entstehungszeitraum von 1973 bis 1985 umfasst sowohl die prä-Suicide-Phase als auch die frühe Zeit der Band und gibt durch den z.T. skizzenhaften Charakter der Stücke, bei denen das Medium Tape nicht nur als Instrument, sondern auch als analoges Speichermedium von Soundnotizen fungierte, einen interessanten Einblick in die Arbeitsweise Revs. Darauf nimmt auch Daniel Jahn in seinen Liner Notes bezug: “Angetrieben von einer schier unbändigen Spiel- und Experimentierfreude, begann Martin Rev damit, zuhause auf einem Kassettenrekorder Skizzen und Ideen aufzunehmen und diese in unterschiedlichsten Varianten und Färbungen ständig weiterzuentwickeln. Diese Kassettenmitschnitte erlauben einen spannenden Einblick in den Entstehungsprozess jener Stücke, die sich zum Teil später als Suicide Tracks oder auf Revs Solo-Alben wiederfinden sollten.” Gleichzeitig dokumentieren die Aufnahmen auch den frühen stilistischen Entwicklungsprozess des Musikers, dessen Vorreiterrolle im Wave und Post Punk avant la lettre schon immer – z.B. in seinem offiziellen Solodebüt 1980 – einen Rock’n'Roll-Hintergrund vermuten ließ, dessen Ursprünge im Free Jazz und in der Neuen Musik aber weitaus weniger bekannt sind. “Der prägende Sound von Martin Rev, der vor allem im Zusammenspiel mit seinem langjährigen musikalischen Partner Alan Vega und der gemeinsamen Band Suicide in seiner Radikalität und Einzigartigkeit zu einem Einfluss für mehrere Generationen von Musikern werden sollte, findet seinen Ursprung insbesondere in der essentiellen Energie des Rock’n’Rolls, der Rev als Teenager prägte und so etwas wie die musikalische Entsprechung der urbanen Atmosphäre seiner Heimatstadt New York war”, heißt es im Begleittext. “Nachdem Rev zunächst im Free Jazz und freier Musik nach neuen musikalischen Ausdrucksformen suchte, entwickelte er rasch eine Faszination für die elektronische Klangerzeugung, die es ihm ermöglichte, völlig alleine und autark zu arbeiten. Er experimentierte mit einfachstem Equipment, kombinierte verschiedene Geräte und Effekte und übersetzte so die Wurzeln des Rock’n’Rolls in einen neuen, bisher ungehörten elektrisierenden Sound, der sowohl der Beginn von Suicide als auch einer spannenden Solo-Karriere sein sollte”. Die Sammlung wird als ein Release mit einer kohäreten Albumqualität angekündige, durch das sich ein deutlicher roter Faden zieht. Rev selbst sieht diesen auch im charakterischtischen Tape-Sound der Aufnahmen und betont: “Der Kassettensound mit seinen individuellen Eigenheiten, von denen viele sogar als primitive angesehen werden, kann eine interessante Dynamik haben. Vielleicht auch gerade in bestimmten minimalen Kontexten, wenn sie nicht überfrachtet werden. Obwohl auch sehr viel Textur und Wärme darin liegt”. Die Sammlung wurde mit technischer Unterstützung von Sebastian Lee Philipp (Die Wilde Jagd) und Tom Morgenstern realisiert und erscheint am 20.10. in den gängigen Formaten.