Gerade erscheint eine digitale EP von Herbst in Peking, die das Stück “Wenn ich traurig bin” in zwei Versionen enthält. Das Stück entfaltet sich entlang geflüsterter Sprache, schwebenden Soundschichten und scharf akzentuierten Gitarrenparts, der Text kreist um Orte und Situationen stillgestellter Zeit – Klinikflure, nummerierte Unterlagen, blasses Licht, leise Geräusche im Gang – und zeichnet in wenigen Versen ein komplexes Bild von Verlust, Überwachung und Verwandlung. Zwischen Erinnerung und sedierter Gegenwart taucht immer wieder der Ort El Dopa auf, benannt nach einem Medikament und eventuell als eine Art Chiffre für Rückzug, Betäubung oder auch Sehnsucht nach einem Zustand jenseits der Klarheit verwendet.
In der Musik verbinden sich elektronische Linien, Bluesharp, Gitarre und Hallflächen zu einem zurückgenommenen und zugleich dichten Arrangement. Die Produktion bleibt dabei offen und bisweilen brüchig, getragen von einem Rhythmus, der sich nur gelegentlich verfestigt. Die zweite Version mit dem Zusatz “Aponeuron Version” fällt im Klangbild etwas kantiger aus, mit etwas mehr Druck auf den elektronischen Elementen. Herbst in Peking wurde 1987 in Ost-Berlin gegründet, benannt nach einem Roman von Boris Vian. Nach dem abrupten Ende im Jahr 2000 folgte eine Wiederaufnahme des Projekts im Jahr 2010 – mit neuen Mitteln, wie es von Bandseite her heißt, aber ähnlicher Haltung.