TOR LUNDVALL: Ghost Years

Es ist vielleicht ganz passend, dass diese Zusammenstellung von Stücken aus den letzten 15 Jahren auf Tursa erscheint, wurde ein etwas breiteres Publikum doch erstmalig durch Lundvalls (visuelle) Arbeit für und seine (musikalische) Zusammenarbeit mit Tony Wakeford auf den nordamerikanischen Maler und Musiker aufmerksam. Auf „Autumn Calls“ (mit Wakeford) wurden Lundvalls verhallte Ambientklänge mit akustischen Instrumenten kombiniert um eine melancholische Ode an den Herbst aufzunehmen (nicht grundlos nannte Lundvall sein eigenes Minilabel Eternal Autumn Editions). In den nächsten Jahren wurden die anderen drei Jahreszeiten musikalisch umgesetzt, der fragile Gesang nahm größeren Raum ein und Lundvall (er-)fand für seine Musik den Begriff „Ghost Ambient“. Auf der passend betitelten Compilation „Ghost Years“, auf deren Cover schemenhafte und dämonische Wesen auf einem Kürbisfeld – Halloween dürfte der wohl angemessenste Tag sein um Lundvalls Musik zu lauschen – den Betrachter anschauen, finden sich Samplerbeiträge, Tracks kleinerer Veröffentlichungen sowie Alternativversionen und Outtakes. Eines der schönsten Stücke -das ursprünglich auf einer Picture-7’ von World Serpent veröffentlicht wurde, die über die Website Lundvalls immer noch erhältlich ist- ist das verrauschte „Evening“. Sehr gelungen ist auch, wie er das Sol Invictus-Stück „Tears and Rain“ so klingen lässt, als wäre es von ihm selbst geschrieben worden. Natürlich ist es auch passend, dass er einen Track für eine Ausgabe des amerikanischen Dream Magazine beisteuerte, da seine Musik und seine Bilder auch immer etwas Somnambules haben. Dass der ursprünglich auf der World Serpent-Compilation „MM“ erschienene Track „My Weakness“ von der Maskenballszene aus Kubricks Film „Eyes Wide Shut“ (der ja bekanntlich auf Schnitzlers „Traumnovelle“ basiert), beeinflusst wurde, ist da natürlich angemessen. Das Album klingt trotz des langen Zeitraums, über den die Stücke hinweg entstanden, relativ kohärent (sieht man von dem Elektropopsong „Grey Sunday“ einmal ab) und das kann positiv betrachtet für die Konsequenz von Lundvalls Werk stehen; man kann es natürlich auch negativ wenden und von einer  gewissen Stagnation und Monotonie sprechen (an anderer Stelle habe ich schon darauf hingewiesen, dass Lundvalls stilistisches Repertoire (Hall etc.) beschränkt ist). Dennoch ist diese Musik im Zusammenspiel mit den Bildern atmosphärisch und stimmungsvoll: Das ist Musik für „The lost Art of Twilight“- um den Titel einer Geschichte von Thomas Ligotti zu zitieren.

M.G.