A PLACE TO BURY STRANGERS: Worship

A Place To Bury Strangers müssen sich nicht maßgeblich weiterentwickeln. Erstens ist ihr Stil kompromisslos und originell und deshalb unbedingt erhaltenswert, mögen manche sie auch als Retrokapelle abstempeln. Zweitens haben sie die dankenswerte Eigenschaft, die Welt nicht inflationär mit Zeugnissen ihrer Kreativität zu überschütten – eine Tugend, die unnötigen Abnutzungserscheinungen angenehm entgegenwirkt. In Abständen, die kurz genug sind, um auch bei Gelegenheitshörern nicht in Vergessenheit zu geraten, setzen sie mit ihren Alben und EPs unverkennbare Zeichen, kurz angebunden, rau und brachial.

Wirft man einen ersten Blick auf die Trackliste, so könnte man aufgrund einiger Titel – vorschnell, wie man manchmal ist – den Eindruck bekommen, A Place To… wären mittlerweile in Richtung Emo unterwegs. Emotional ist die Musik – zum Glück – wie eh und je, denn hört man sich etwas untypisch betitelte Songs wie „Alone“ und „Why I Can’t Cry Anymore“ an, erkennt man schnell, dass die zentralen Emotionen nach wie vor Wut und Trotz sind, und dass die New Yorker Noiserocker, auch mit etwas weniger fettem Sound als zuvor, ihren Fans nach wie vor lieber mit drastischer Ruppigkeit an den Nerven zerren als ihnen mit Weinerlichkeit auf die Nerven zu gehen. Von gebrochenen Herzen handeln die Songs durchaus, und das nicht zum ersten mal, aber die Band fängt solche Geschichten in einer ganz eigenen, schmalzfreien Aggression auf. Und wem das zu negativ klingt – ja: der stakkatohafte Gitarrenlärm des Trios ist stets auch eine Feier der vitalen Energie, selbst wenn die Rückkopplungen in rein destruktiven Lärm ausarten, egal ob die treibenden Beats nun hektisch durch den Raum irren oder geradlinig nach vorn schnellen. Auch der dumpfe, hallunterlegte und stellenweise fast gothicartige Gesang Oliver Ackermann ändert daran nichts. Stets suggeriert die Stimme eine abgeklärte Coolness, und man stellt sich vor, dass A Place To… beim Krachmachen keine Miene verziehen. Alles Pose, selbstredend, aber sie sitzt perfekt und macht Spaß.

Jeder der zwölf Songs gibt einen kurzen und ungeschminkten Einblick in eine Welt rastloser Begierden und fataler Abhängigkeiten, die nun einmal so ist wie sie ist. Dies möglichst cool dargeboten heißt keineswegs, dass die Musiker nicht mit Spaß dabei wären, im Gegenteil, immer wieder gibt es Momente, die die reine Freude am Spiel mit den reißerischen Sounds offenbaren, so z.b wenn beim Titelsong das Klangvolumen für Augenblicke merklich zurück geschraubt wird und nur seltsame Kratzgeräusche zu hören sind, oder bei der kompromisslosen Knarzigkeit von „Mind Control“. Dem gegenüber stehen Songs, die fast Midtempo sind und zeigen, dass die New Yorker auch so etwas wie eine moderate, virtuose Rockband sein können, wenn sie wollen. In der Hinsicht fällt „You Are The One“ am ehesten aus dem Rahmen mit seinen papiernen Drums und der fast netten Leadgitarre, deren tolle Melodie erst nach einiger Zeit durchscheinen lässt, wie viel Psychedelisches da unter der Oberfläche im Gange ist.

Bei vielen Bands wären solche Momente business as usual, bei A Place To… mit ihrer konfrontativen Geradlinigkeit stechen sie hervor und zeigen, dass auch beim dritten Longplayer alles beim alten ist. Alles andere wäre auch enttäuschend.

Label: Dead Oceans