Live habe ich Nisennenmondai mehrmals verpasst, was wirklich bedauernswert ist, denn nach allem, was man so an Konzertmitschnitten von ihnen aufschnappt, scheinen die energetischen Auftritte die eigentliche Raison d’Etre der japanischen All Girl-Combo zu sein, die mit dem typischsten aller Rockinstrumentarien etwas auf die Bühne bringt, das rein formal dem Techno verdächtig nahe kommt. Diese Feststellung unterscheidet sich übrigens stark vom Grundtenor vieler Rezensionen, in denen – ausgehend von einigen anspielungsreichen Songtiteln der Band – von Krautrock und Sonic Youth, von This Heat und Terry Riley die Rede ist. Aber bei Nisennenmondai muss sich das zumindest in ihren neueren Stücken nicht ausschließen.
Vor allem Schlagzeugerin Sayaka Himeno ist es, die mit ihrem monotonen und zugleich entgrenzten Drumming diese ungewöhnliche Brücke (im wahrsten Wortsinne) schlägt. Ihre Einsatz bis zur Erschöpfung und die Coolness der String Section sind an sich schon ein sehenswertes Kontrastprogramm. Auch auf Platte ist das Konzept durchaus hörenswert und entfaltet eine Hypnotik, die sich auch auf einem Doppel-Album aufrecht erhalten ließe. Ihre lakonisch „N“ betitelte neue LP enthält drei lakonisch unbetitelte Stücke, die komplett instrumental gehalten sind und sich auch sonst unter einander stark ähneln. Hektisches Saitengefrickel, das sich schon nach wenigen Sekunden als monoton und loopverliebt entpuppt, geht über in einen vitalen, trancehaften Beat mit allen Steigerungen, die einem solchen Takt angemessen sind. Wild entfesselte Hi-Hats, gelegentliche Trommelwirbel und immer wieder neu anwachsendes Klangvolumen bei anhaltend groovigen Bässen, kurze Breaks und langes, ritualistisches Beckenrauschen sind die überschaubaren Zutaten, und bei aller Simplizität beeindruckt doch vor allem die Präzision der Schlagzeugs.
Auch wenn die Gitarristin in regelmäßigen Abständen mit rauem Feedback und psychedelischen Soli-Ansätzen das Raveidyll durchbricht, erscheint es mir fast ein bisschen eitel, dass viele Kollegen diesen Aspekt ausklammern und stattdessen – was prinzipiell nicht falsch, aber unspezifischer ist – die Minimal Music bemühen.
Label: Bijin Record