Jozef van Wissem spielt Laute und wurde erstmals als eine Hälfte der Brethren Of The Free Spirit einem größeren Publikum vorstellig. Seitdem lotet der in New York lebende Musiker die vielfältigen Möglichkeiten einer an Renaissance und Barock geschulten Spielweise aus und erforscht nebenbei das Zusammenspiel mit anderen Klangquellen. Dass er trotz dieses nicht gerade poppigen Konzeptes auch außerhalb der Hörerschaft Alter Musik zu Aufmerksamkeit gelangt, geht nur zum Teil auf seine Zusammenarbeit mit „Regie-Ikone“ Jim Jarmusch zurück, mit dem er seine Leidenschaft für’s Minimale, mitunter Lakonische teilt. Seine Musik strahlt eine feinsinnige Intimität aus, die gerade aufgrund ihrer Reduktion umso bestechender ist und viele Hörer berührt, sobald sie ihr einmal im angemessenen Rahmen begegnet sind.
Van Wissems Kompositionen evozieren mit wenigen Handgriffen eine Aura starker Emotionalität, doch stets geht es dabei um Gefühle, die unbestimmt und andeutungshaft bleiben, die bei aller Intensität eher vage im Raum oszillieren. Wie bei vielen früheren Stücken muten die Songtitel wie lyrische Zeilen an. Zusammen mit der Musik lassen sie Ideen zu einer größeren imaginären Dichtung entstehen. Ist man der Wirkung der minimalen Akkordfolgen erst erlegen, strahlen Zeilen wie „How you must have suffered“ und „Where you lived and what you lived for“ eine von jeder Sentimentalität weit entfernte Würde aus, ebenso Titel wie „Patience in suffering is a living sacrifice“ oder das den Albumtitel übersetzende „Nothings stands between us“. Stets verschränken sich darin Zuversicht und Schmerz, Vertrauen und Leid, und zusammen entsteht der Eindruck ehrlicher Genügsamkeit, die Sinn und Erfüllung auch im düsteren Geschick findet. All dies findet sich auch in der simplen Hypnotik der Wiederholungsfiguren, die van Wissem seinem eigens für ihn gebauten Instrument entlockt.
Die Musik auf „Nihil Obstat“ darf nicht halbherzig im Hintergrund gehört werden, denn sie ist nicht heimelig und entspannend, ihre leise Schwermut ist von aufwühlender Natur und würde ohne die angebrachte Konzentration, ohne ein wirkliches Sich-Einlassen, zu einem nichtssagenden Plätschern verkommen. Gerade darin liegt das Unzeitgemäße von van Wissems Musik, die in ihrem ganzen Wesen konsequent Anti-PR ist und von einer aufgeschlossenen Hörerschaft gefunden werden will, statt sich marktschreierisch anzubiedern. Wer die entsprechende Bereitschaft aufbringt, kommt in den feierlichen Stimmung sogar in den Genuss einer fragilen Heiterkeit, die ganz dem Blake’schen Diktum „Freuden lachen nicht“ entspricht, oder lässt sich von der Aufbruchstimmung infizieren, die dem fast beschwingten „Apology“, meinem absoluter Favouriten, innewohnt.
Nihil obstat, nichts steht im Weg – ich will nicht pathetisch werden, aber ich halte van Wissems kleine Kostbarkeit wirklich für eine Musik, die Grenzen zu überwinden vermag. Und ganz nebenbei macht das Album gespannt auf seinen Score zu Jarmuschs Vampirfilm „Only Lovers Left Alive“. Dort ist van Wissem v.a. als Komponist beteiligt, und seine Ideen verschmelzen mit dem Sound ganz unterschiedlicher Interpreten.
Label: Important Records