Der optischen Gestaltung nach könnte Australasia eine gepflegte Folkband sein, oder aber ein nebelverhangenes Popprojekt, das die Tristesse der jüngeren These New Puritans etwas akustischer umsetzt und mit einer Brise Postrock garniert. Nun, die wahren Australasia sind noch eine ganze Ecke schwerer, rockiger und noch dazu über weite Strecken instrumental, doch Welten liegen zwischen dem vorschnellen visuellen Eindruck und der auditiven Wirklichkeit nun auch wieder nicht.
Die drei Italiener spielen eine Musik, die vor einigen Jahren durch Gruppen wie die Red Sparrowes bekannt geworden ist. Schwere Riffs und handfestes Schlagwerk halten sich die Waage mit feinsinnigen Auftakten und Zwischenspielen, die auch als akustischer oder leicht elektrifizierter Gitarren-Ambient durchgehen würden. Laut wechselt zu leise wie breit zu filigran, stets ist die Stimmung von Energie und ergriffenheit gleichermaßen geprägt, ungeachtet, ob gerade eine Reminiszenz zu (moderatem) Black- oder (nicht allzu steifem) Doom Metal anklingt oder doch eher zu akustischem Dreampop. Von älteren Bands dieser Machart unterscheiden sich Australasia aber in zweierlei Hinsicht. Zum einen sind die zehn Stücke ihres Debütalbums „Vertebra“ (es gab im letzten Jahr bereits eine EP namens „Sin4tr4“) für diese Stilrichtung auffallend kurz, mit Ausnahme des finalen „Cinema“ rangiert die Spieldauer von gut anderthalb bis zirka vier Minuten. Durch Tempowelchsel und an und abschwellende Klangvolumina schaffen sie es aber dennoch streckenweise, „episch“ zu sein. Ein weiteres Spezifikum der Band besteht darin, dass sie diesen Sound mit gelegentlichen Ausflügen in minimale, analoge Synthieklänge ergänzen. Anfangs hält man es vielleicht noch für Zufall, wenn man Bristol-Electronica aus den entsprechenen Pasagen herauszuhören meint, aber bei den beiden Vokalstücken „Aura“ und „Volume“ mit Gastsängerin Mina Carlucci (Vostok) sorgt der gehauchte Popsopran und die vibrierende Elektronik dafür, dass sich die Assoziation kaum mehr verdrängen lässt. Beim musikalischen Rahmen, der über weite Strecken von enspanntem Picking und entfesselten Blastbeats geprägt ist, bilden solche Momente jedoch eine Ausnahme, die nicht nur Abwechslung ins Bild bringt, sondern auch demonstriert, dass der Band an einer gewissen Diversität gelegen ist. Im Hinblick auf Zukünftiges stimmt das schon mal hoffnungsvoll.
Mit „Vertebra“ haben Australasia solide debütiert. Ob sie innerhalb der vielen Post-Genres auch jenseits der Fusion mit Electronica eine eigenständige Entwicklung zustande bringen, müssen Kenner dieser Richtung beurteilen.
Label: IFP