Ein Solo-Album, das diese Bezeichnung wirklich verdient, könnte kaum einen besseren Begriff zum Titel wählen wie die Entelechie, womit die antiken Philosophen eine aus eigener Kraft generierte Entwicklung verstanden, etwas Selbstschöpferisches, das ganz ohne Zugriff auf Systemfremdes auskommt. Man sollte Jason van Gulicks Debüt nicht ausschließlich über diese Referenz begreifen, doch der Bezug drängt sich aus zweifachen Gründen in den Vordergrund.
Zum einen markiert van Gulick hier einen Bruch zu seinen vorherigen Arbeiten, die allesamt Kollaborationen waren und häufig im Zeichen großer Namen (Stephen O’Malley, Carla Bozulich, N.U. Unruh) standen. Zum anderen sind die live an unterschiedlichen Orten in Belgien eingespielten Improvisationen ausgesprochen fokussiert und beruhen zumindest dem Eindruck nach ausschließlich auf van Gulicks ureigenem Instrument, dem Schlagzeug.
Van Gulicks Spielweise ist klassisch und von jener Art, die eine Verbindungslinie von Freejazz zu avantgardistischen Metal-Sparten zieht. Innerhalb dessen vollführt er ein solides Spektrum an Techniken, die gerade deshalb so erhaben klingen, weil komplexere Muster auf wenige Momente reduziert bleiben. Infernalische Trommelwirbel und martialische Paukenschläge zählen zu den reißerischen Höhepunkten, helle Snares, auch mal mit Jazzbesen bearbeitet, gleichen das Dunkle, Drohende aus.
Die interessantesten Seiten dieser Musik wirken unterschwelliger und sind oft auch schwerer zuzuordnen, fast unterdrücktes Grollen der Tomtoms oder dezent eingesetzte Hall- und Raumklangeffekte, bei denen man auf van Gulicks Herkunft aus der Architektur kommen könnte. Zudem alles Meditative durchkreuzende Metallschläge, die bei bestimmter Lautstärke schmerzhaft sein können, sowie allerhand Drones, bei denen – v.a. wenn man meint, Männerchöre zu hören – immer mal Zweifel aufkommen, ob sie nur auf Feedback und Klangeffekten basieren, oder dem Titel doch hier und da ein Streich gespielt wird.
Ein Kommentar wir vermutlich öfter fallen – dass man mit der Zeit völlig vergessen könnte, dass dies alles von einer Person an einem Instrument vollführt wurde, trotz der Fülle und Kraft. Dem soll auch hier nichts entgegen gesetzt werden. (U.S.)
Label: Idiosyncratics