Auch wenn sich die instrumentelle Gewandung immer mal ein bisschen verändert, man braucht nicht lange, um eine Boduf Songs-Platte zu erkennen. Ein knapp bemessenes Repertoire an simplen Gesangsmelodien an der Grenze zur Monotonie, ein paar wiederkehrende Gitarrenmotive, hier und da ein paar ambiente Spannungsmacher, Texte von trockener, spukhafter Abgeklärtheit – dass Mat Sweet damit nicht nervt, liegt nicht nur daran, dass seine späteren Alben etwas elektronischer ausfallen, oder dass ihn hierzulande kaum jemand kennt. Was immer er macht, macht er auf eine unnachahmlich unprätentiöse und introvertierte Art, der jegliche „Hier komme ich, jetzt wird’s interessant“-Haltung fremd ist. Gerade das macht ihn aber interessant und gibt seinen mysteriösen Folkgebilden einen zusätzlichen Reiz.
Ein schönes, etwas künstlich arrangiert wirkendes Setting vor dunklem Hintergrund, in das sich schon bald das Unvorhergesehene, Gefährliche einschleicht – das florale Stillleben mit Schlange auf dem Cover passt gut zur Musik auf Sweets neuem Album. Einmal mehr eine Feier geheimnisvoller Minimalismen, nimmt „Stench of Exist“ einen Teil der (relativen) Opulenz von “Burnt Up On Re-Entry” zurück und entpuppt sich zudem als merklich heterogener. Dem bleepigen Harschnoise, der einen zu Beginn empfängt, sind insgesamt nur wenige Momente beschert, doch die ambienten oder angefolkten Stücke lasten trotz kontinuierlicher Übergänge alle eine kleine Welt für sich entstehen.
Da wäre „Thwart by Thwart“, das folkige mit soundscapigen Elementen mischt und mit seinem Downtempo-Rockbeat fast so etwas wie Groove entstehen lässt, wobei Sweet gesanglich einfach nicht aus seiner Haut kann und wie gewohnt monoton im Flüsterton grummelt. Das noch langsamere „My Continuing Battle With Material Reality“ mit seinem trunkenen Pulsieren bringt das noch ein bisschen mehr zur Geltung, bei „Great Anthem of my Youth“ versteckt sich der trockene Vortrtag über einen typische Nineties-Jungend hinter Straßenlärm und Polizeisirenen: „We were good for nothing, we were always lost, visions keep us distant, disctance kept us locked.“ Mit dem Instrumentalstück „Grows in the Small World of Nerve“ jedoch liefert Sweet sein bisheriges Meisterstück in Sachen subtiler Stimmungen ab. Ganz leise zeichnet sich hinter einer Wand aus Regenprasseln ein melodisches Glühen ab, das wie aus einer märchenhaften Parallelwelt zu denen herüberweht, die es registrieren.
Boduf Songs ist heute nicht mehr so düster-akustisch-minimal wie zu Zeiten der Homerecordings, die Kranky quasi ungemastert herausbrachte. Doch Sweets Musik reift in Würde, ersetzt alte Subtilität durch keine Verquastheiten. Das Wort „Boduf“ ist im übrigen noch so mysteriös wie eh und je, und vielleicht ist das auch ganz gut so, denn sagte er nicht einmal, dass er jemanden umbringen müsse, bevor er das Geheimnis lüften könne?
Label: The Flenser