Seit Jahren schon gibt es im Umfeld von Slim Cessna und Jay Munly ein weiteres Projekt, das neben dem Auto Club und den Lupercalians das Dreigestirn komplettiert – die Denver Broncos UK, kurz DBUK. Da mit Rebecca Vera und Dwight Pentecost nur zwei weitere Musiker der älteren Bands involviert sind, kann man über den Existenzzweck dieses Projektes nur anhand von musikalischen und textlichen Merkmalen spekulieren. Zum einen fehlt den Broncos das Uptempo, der Schuss Polka des Auto Clubs, zum anderen ist auch der folkloristische, mystische Zug von Munlys Projekten weniger stark ausgeprägt.
Man muss an der Stelle aber ergänzen, dass dies v.a. Schwerpunktverschiebungen sind, denn die Stilmerkmale aller drei Bands gehen ständig ineinander über, und in jedem Fall sind die Handschriften der beteiligten Musiker zu erkennen. Man hielt die Broncos eine ganze Zeitlang für ein eher für Konzerte gedachtes Projekt, bis vor kurzem – bald zehn Jahre nach der Gründung – dann doch noch ein Album in den Läden stand.
Die Grundstimmung auf „Songs One Through Eight“ ist eher balladesk, wobei ich dieses Wort im üblichen und zugleich im buchstäblichen Sinne verstehe. Getragen und Stimmungsvoll sind die meisten der Songs, in der weitgehend akustischen Instrumentierung bilden Munlys Zupfgitarre und eine folkige Perkussion das Grundgerüst, in das Cello, Melodika und einige andere Zutaten verwoben sind. Die Songs sind aber auch allesamt erzählerischer Natur, und entfalten ein – wie nicht anders zu erwarten – wahres Kuriositätenkabinett an zum Teil gruseligen, aber immer seltsamen Geschichten, in denen es oft um die Absurditäten des Alltags geht, die wie aus dem Blickwinkel eines Kindes betrachtet scheinen, das, frei von den üblichen Betriebsblindheiten, nichts für selbstverständlich nimmt.
Der spärlich instrumentierte „Broncos Fight Song“, der das Album eröffnet, ist mit seinem Phlegma und dem eher pessimistischen Text eher das Gegenteil eines fight song, aber die originellen Spielereien mit dem Raumklang und die Duette wirken jeder Langeweile entgegen. Eine ähnliche Stimmung verbreitet das auf Drone aufgebaute „Columbia Girl“ oder „Uncle John’s Boat“, bei dem ausnahmsweise Cessna die Leadvocals übernimmt und über Trauer und Verlust reflektiert. Das die Doppelmoral des gooddoer ironisch vorführende „Immaculate Warded Children“ erinnert in Aufbau und Melodie an „The Denver Boot“ und ist trotz Schunkelstimmung einer der Hits des Albums.
Heraus stechen auch zwei Songs von etwas treibenderer Gangart – bei „Jim Nabors, From Bass to Mezzo-Soprano“ ist dies sicher dem Thema geschuldet, denn es geht um (geschlechtliche ) Transformation. An keiner Stelle geht Munly stimmlich so sehr in die Vollen wie hier. Bei „Three Bloodhounds, Two Shepards, One Fila Brasila“ handelt es sich ohnehin um einen Song aus Slim Cessnas „Unentitled“-Album, der hier allerdings merklich uriger und holpriger interpretiert wurde. Aufbauend auf organischen Droneklängen bewegt sich ein leicht trunkener Takt nach vorn, wird von Zeit zu Zeit dynamischer und erzeugt so immer wieder Spannung.
Munlys Ausstrahlung als Sänger und Texter machen auch auf diesem Album einen Großteil der Irritation aus, das ich übrigens höher bewerte als die letzten Munly- und Cessna-Alben. Munly spielt gerne mit einer Art Ironie, bei der nie ganz klar ist, ob es vielleicht doch alles ernst gemeint sein könnte. Vielleicht ist dies eine Masche, um das Mysterium am Leben zu erhalten – falls ja, dann aber eine, die bestens funktioniert.
Label: SCAC Unincorporated