Gäbe es den Begriff medias in res noch nicht, so hätten die Alten Römer ihn extra für den Moskauer Gitarristen und Drummer Pavel Eremeev alias Holy Palms erfinden müssen. Mit einem Schlag ist man mitten in der gitarrenbasierten Dubwelt des Jungle Judge, der seine relaxten und paradoxerweise gleichsam hektischen Takte durch einen respektablen Katalog an Effekten jagt.
Trashige Computersounds, Rhythmen, die sich stufenlos verschnellern, Hall und Reverb und punkiges Saitengekniedel, synthetisches Froschquaken, ebensolches Affengelächter zu rituellem Rasseln, schwindeliges Geklimper auf dem Xylophon, gitarrige Melodien, die an indische Sitarmusik erinnern – schon bei der Aufzählung wird mir schwindelig, doch dies ist nur normale Härte für den Alleinunterhalter, der in Squads und Clubs mit unbeteiligter Miene die Kids zum Tanzen bringt und seine eigene Ekstase wohl nur insgeheim feiert. Zumindest hat er seinen Spaß, denn wie sonst kommt jemand auf einen (zur Musik perfekt passenden) Titel wie „Stoned in the Jungle, Stolen by the Liana“ oder „To Overcome a Custodian with a Juniper Broon“?
Wie der Titel und einige Song namen wie „Old Monkex Forest I & II“ nahe legt, weht in dem Tape um jede zweite Ecke ein Wind von Exotismus, und mit den z.T. gebrochenen Takten könnte das Album auch jemandem wie Hair Stylistics und natürlich dessen Fans gefallen – zumindest bis zu dem Moment, an dem raue Metalgitarren das Haus übernehmen und mit hausbackenen Soli nerven, zum Glück nicht lange, und die polyrhythmischen “Hand”-Drums aus der Retorte entschädigen einen mehr als nur einigermaßen.
Mein Anspieltipp ist das schon erwähnte „Stoned in the Jungle…“, denn durch diesen gut zwölfminütigen Fleischwolf wird so ziemlich jedes nerdige Detail gedreht, dass nicht bei drei auf der nächsten himmelhohen Baumkrone landet. Das gute Stück erschien vor kurzem bei ArteTetra und sollte jeden interessieren, der sich für Dub, Ragas, Breakcore, Grime, Exotica und Schweinerock gleichermaßen begeistern kann. (U.S.)
Label: ArteTetra