Slim Cessna wird gerne mit David Eugene Edwards verglichen, zu deutlich fallen da die Gemeinsamkeiten ins Auge, zu stark zeichnen sich aber auch die Unterschiede ab. Beide haben ihre Ursprünge irgendwo in den Post Punk-Biotopen von Denver, beide machten erstmals im Rahmen der legendären Denver Gentlemen von sich reden. Beide wissen amerikanische Folk- und Country-Musik auf ganz eigene exzentrische Art in ihren Stil einzubauen, und beide nutzen ihre Songs gerne zur Reflexion über religiöse Fragen, und dies in einer Weise, die oft auch nicht-religiöse Menschen inspiriert.
Der größte Unterschied liegt vielleicht im ausgelassenen Frohsinn von Cessnas berühmtem Auto Club, gegen den Sixteen Horsepower und Wovenhand in ihrer Ernsthaftigkeit staubtrocken wirken. Cessnas christlicher ebenso wie sein regionaler Subtext ist von anekdotischer Art und kippt gerne auch mal ins zotig-räuberpistolenhafte, und selbst selbst die weniger ironischen Songs packen ihre Inhalte meist in galoppierendes Tempo und launigen Polkatakt.
Auf ihrem neuen Album haben SCAC nicht die zehn Gebote vertont oder ein paar eigene verkündet, und doch sind ihre zehn lediglich als Commandments durchnummerierten Songs Exkurse über menschliche Schwächen und Nachlässigkeiten, die man früher wohl als Todsünden bezeichnet hätte. Mal empathievoll, mal spöttisch, nicht selten mit Lust am Spektakel, aber immer schonungslos forsch zeichnen Cessna, Munly, Pentecost und die neuen Crew mit Rebecca Vera, Ian O’Dougherty und dem neuen Bassisten Todd “The Peeler” Moore ein Menschenbild, das von Gewalt, Resignation und Furcht, von der Schwerkraft der Notwenigkeiten und der Hartnäckigkeit der Triebe und Gewohnheiten geprägt ist. Ein Titel wie „The Dirty Hands of Man“ hätte angesichts des Covermotivs auch ganz gut gepasst.
Man sollte die „Commandments“ sowohl textlich als auch musikalisch als eine lediglich in Abschnitte gegliederte Einheit betrachten. Durchweg ist der Sound etwas rockiger als noch auf dem letzten Album „Unentitled“, zugleich auch etwas weniger opulent, an vielen Stellen erinnert der Sound an die personell ähnlich zusammengesetzten Denver Broncos UK. Immer wieder durchziehen parolenhafte Refrains („There is a hole, there is a hole, there is a hole where your heart used to beat”, heißt es im Gospelstil in „Commandment 7“) und starke Duette (Cessna und Munly, aber auch Cessna und Vera) die ansonsten weniger melodischen Songs. Die großartigen Gesangspassagen ziechnen sich gerade vor den etwas reduzierten Klangkulissen besonders markant ab, wie z.B. in „Commandment 3“, das über weite Strecken nur auf Banjo und einem primitiven Stampftakt aufbaut, oder beim nächsten Stück, das noch Raum für ein paar zusätzliche Soundspielereien hat.
Ob Gier oder simple Oberflächlichkeit die Geschichten in den Songs bestimmen, ob Lebenslügen entlarvt oder zu leichte Verführbarkeit abgekanzelt wird – das besondere an den allegorischen Geschichten mit ihrer oft biblischen Symbolsprache ist, dass Cessna und seine Crew sie von jeder Moralingesäuertheit befreien, schon allein weil das lyrische Ich v.a. die eigenen Schwächen zum besten gibt, und durch Witz und das recht Maß an Coolness wird am Ende sogar, man glaubt es kaum, so etwas wie Rock’n'Roll daraus. Zwischen dunklem Dröhnen und dem Zusammenspiel von urigem Slapbass und groovigen Drums hat dieser dann auch seinen adäquaten Sound gefunden.
Für Hardcore-Fans dürfte die mir nicht vorliegende erweiterte DVD-Version interessant sein, auf der u.a. das Album in Surround Sound, als Instrumentalversion und in einer Spoken Word-Version mit Rezitationen von Munly zu hören ist. (U.S.)
Label: SCAC Unincorporated / Glitterhouse