SOTHIAC: Sothis

Man kann Sothiac kaum greifen. Eine Sopranistin, geschult an Jazz und Neuer Musik, dazu eine sich stets verändernde, soundorientierte Musik zwischen dröhnenden Flächen, verspieltem Analogsound, lärmigen Ausbrüchen und knarrenden Gitarren, die die Sprache von Blues, Rock und Metal sprechen. Das hört sich nach einer ziemlich derangierten Mixtur an, wogegen auch nichts zu sagen wäre, doch hier klingt all dies stimmig und bisweilen geradezu harmonisch. Das Mailänder Duo, bestehend aus Pat Moonchy an Mikro und Elektronik sowie Lucio Liguori an Gitarre und Gongs, erprobt seine Musik seit Jahren auf zahlreichen Konzertbühnen und konnte bereits auf dem Avantgarde Festival in Schiphorst ein größeres Publikum überzeugen. Seit einiger Zeit ist das Projekt auch auf CD zu hören, und ihr jüngstes Album „Sothis“ fängt die spontane, improvisierte Stimmung der Konzerte vielleicht am besten ein.

Statt eines umständlichen Intros kommen Sothiac gleich zur Sache: Zittriges Dröhnen, dessen Klang nur ansatzweise seinen gitarrigen Ursprung verrät, dazu Pats leicht gebrochener Sopran, der dann gleich volle Aufmerksamkeit auf sich zieht. Allerdings darf man sich hier unter Sopran nichts allzu Klassisches vorstellen, denn die Sängerin lotet mit Vorliebe alle möglichen Grenzbereiche des Singens aus, die für gewöhnlich vermieden werden, und so klingt ihr Gesang auch schon in den ersten Tracks mal herkömmlich schön, mal wie Zwergengeschnatter, dann wieder fast wie ein schrilles Blasinstrument. Beeindruckend ist, wie selbstverständlich all dies in der nach dem Reihungsstil verknüpften Episodenstruktur des Albums ineinander übergeht, ebenso wie Gesang und Instrumentalparts wie von Zauberhand eine Einheit bilden.

Im Laufe des Albums erobern aber immer mal andere Komponenten den vorderen Bühnenraum für sich, und wie bei einem guten Jam sind es immer mal andere Parts, die die Führung übernehmen oder den Impuls für elegante Brüche geben. Auf funky Riffs und Bluesakkorde reagiert Pat mit trillerndem Tremolo, zu Stellen, an denen die Sängerin recht nah an jazzigen Balladengesang kommt, gesellt sich doomiges Downtempo-Geschruppe, bei dem ich an Heroin in Tahiti, manchmal sogar an Black Sabbath und Saint Vitus denken musste. Runde, in sich geschlossene Songgebilde kommen dabei allerdings nicht zustande, denn dazu ist die Musik der beiden viel zu sehr im stetigen Wandel begriffen, und die einzelnen Abschnitte wirken wie kurze Blicke in diverse Türen in einem Gebäude, das auch am Ende des Korridors noch lange nicht fertig erkundet ist. (U.S.)

Vertrieb: Record Union