Als Sven Kacirek vor ein paar Jahren nach Kenia reiste und mit einheimischen Musikern in Kontakt trat, schien es ihm vor allem um Synthese zu gehen, um ein Verschmelzen unterschiedlicher Stilrichtungen und Techniken, bei dem die einzelnen Komponenten im Idealfall eine nur noch analytisch entwirrbare Einheit bilden. Den Kollegen, die er dort traf, ließ er freie Hand mit ihrem Gesang und ihrem (meist perkussiven) Instrumentenspiel, erst danach spürte er die Stellen auf, an die seine elektronischen Arangements perfekt andocken konnten. Neben eigenen Rhythmen und weiteren elektronischen Hintergrundsounds unterzog er auch die Beiträge der kenianischen Musiker einer Bearbeitung mit verschiedenen Effekten, um das vermeintlich Disparate noch nahtloser zu kombinieren.
Fünf Jahre nachdem dieses Projekt auf dem Album „The Kenya Sessions” bei Pingipung erschienen ist, hat sich Kacirek diesen Arbeiten erneut zugewandt, leider nur auf 7”, dafür aber unter der Prämisse, die fremden Beiträge vollkommen unbearbeitet zu lassen.
Auf „Siguera”, das die erste Seite füllt, ist die charismatische Stimme der achzigjährigen Sängerin Ogoya Nengo zu hören, die Kacirek in einem Ort am Viktoria-See kennen lernte, und die nach ihrer Teilnahme an den ersten Aufnahmen bereits zwei eigene Alben herausbrachte. Kippt ihr repetitiver, aber dennoch melodischer Gesang von Zeit zu Zeit in ekstatisches Schreien, vermag er auch den letzten Hörer aus dem nostalgischen Schwelgen zu reißen, zu welchem die mit viel Kolorit, einer Spieluhr und einem luftigen Dubsound angereicherte Musik verführen könnte. Kacirek setzt hier auf Reduktion, bearbeitet ihren Gesang nur spärlich und doch mit einem Händchen für subtile atmosphärische Noten.
Das die zweite Seite füllende „Gonda” stammt noch aus der Zeit der „Kenya Sessions” und hat erst jetzt seine finale Form gefunden (die unbearbeitete Originalaufnahme erhält man übrigens über einen beigefügten DL-Code). Vom Gesang reduzierter bis an die Grenze zu Spoken words, dafür rhythmisch wesentlich entgrenzter und mit einem an Xylophon erinnernden Sounds ergänzt, lässt es die Vielzahl an Möglichkeiten erahnen, die im Zusammentreffen von Kacireks sanfter Elektronik und der urig traditionellen Musik liegen.
Ging es im urspünglichen Projekt darum, die Aufnahmen durch partiell starke Eingriffe in eine neue Form zu brigen, so bilden sie diesmal selbst den Rahmen, in den die minimaleren elektronischen Beigaben ihren Platz finden – interessant ist beides, und es bleibt abzuwarten, ob die neue Herangehensweise in einem größeren Rahmen weiterverfolgt werden wird. (U.S.)
Label: Pingipung