MARTA DE PASCALIS: Anzar

Marta de Pascalis, die aus Rom stammende und heute in Berlin lebende Soundkünstlerin, ist schon seit beinahe zehn Jahren aktiv, hat sich aber mit Veröffentlichungen bisher eher zurückgehalten. In ihren zahlreichen Performances, die früher auch unter dem Pseudonym Maesia stattfanden, verbinden sich analoge und digitale Klangquellen, Synthesizer und Tapes, Polyrhythmen und vielschichtige, gerne auch vom Zufall generierte Klangkollagen zu feinsinnig gestalteten Soundscapes, die nicht ganz zu Unrecht mit der soganannten „Kosmischen Musik“ vergleichen werden, deren kraftvoller Skulpturiertheit aber auch immer ein rituelles Element innewohnt.

Nach ihrem vor gut zwei Jahren veröffentlichten Debüt „Quitratue“ ist nun ihr zweites Album bei rührigen Londoner Tapeworm erschienen. Die beiden jeweils eine Seite ausfüllenden Tracks enstanden primär beim Improvisieren mit verschiedenen Synthies und Tapes und muten wie Ausschnitte aus etwas potentiell Endlosem an.

Der Titeltrack auf der ersten Seite pflegt einen ganz eigenen, mit viel Nachhall-Effekten versehenen Sound, der zeitweise an Rohrblattinstrumente aus dem vorderasiatischen Raum erinnert, aufgebrochen auf originelle (und keineswegs nervtötende) Art mit Sounds, die an Computerspiele erinnern. Brüchig ist auch die scheinbar repetitive Grundstruktur der Komposition, da es immer wieder zu überraschende Wendungen und illusionsstörenden Unterbrechungen des Klangflusses kommt. Auch gewinnt die Musik bei der dabei zwangsläufig entstehenden Episodenstruktur, die mal eher dröhnenden, mal eher ornamentalen Spuren die Oberhand lässt und vage Formen bildet, die sich kontinuierlich verändern – das Gegenteil von Stillstand.

Interessant ist, dass beide Tracks sowohl konzentriert als auch eher beiläufig gehört funktionieren – wenn im letzteren Fall die vielschichtigen Strukturen mehr und mehr verschwimmen, mag siche in angenehm einlullender Effekt einstellen, doch der wohligen Regression ist nicht vollends zu trauen, zu unvorhersehbar verlaufen die wie auf Autopilot gestellten Bewegungen der Musik. Das die zweite Seite ausfüllende „Emerso” verzichtet in seiner offenen (klischeehaft könnte man sagen: rhizomatischen) Struktur noch mehr auf einen roten Faden, „the centre is missing” ist der vielleicht zentrale Satz der Musikerin in ihren Liner notes. Unterschiedliche Sounddetails emanieren aus dem anfangs wellenförmigen Loop, bis der volle Sound sich irgendwann im hektischen Rauschen mehr und mehr auflöst.

Das Album erscheint auf hundert Kassetten, abgerundet durch Illustrationen aus der Tuschefeder von de Pascalis’ Vater aus den frühen 70ern. (U.S.)

Label: The Tapeworm