Vor knapp zwei Jahren veröffentlichten die beiden hessischen Projekte Sielwolf und Nam-khar ihr erstes gemeinsames Album „Atavist Craft“, eine dunkle, geheimnisvolle und zugleich kantige Version ritueller Musik. Schon damals wirkte das Resultat sehr stimmig und einheitlich, so als wären die beiden Gruppen im Zuge der Aufnahmen zu einer unentwirrbaren Einheit zusammengewachsen. Dass sich dieser Eindruck auf ihrem zweiten Longplayer noch verstärkt, mag auch daher rühren, dass sie mittlerweile sehr gut aufeinander eingespielt sind und einen gemeinsamen Erfahrungsschatz teilen. Doch es liegt auch daran, dass „Opressfield“ um einiges stringenter ausgefallen ist und in seiner streckenweisen Brachialität keinen Raum für Zaudereien lässt.
Schon die beiden Albumtitel legen es nahe: „Atavist Craft“ war ganz im Unbewussten, im Bereich der verborgenen Triebe und uneingestandenen Ideen angesiedelt, „Oppressfield“ dagegen fühlt sich an wie deren Manifestation im hier und Jetzt, hat die Wucht eines eruptiven Ausbruchs und lässt den Titeln nach – in aller Vagheit – sogar eine gesellschaftspolitische Dimension anklingen. Ob intendiert oder nicht eint die sechs Tracks eine jeweils vergleichbare Entwicklungsstruktur, stets beginnen sie eher statisch, vorsichtig tastend und oft auch recht leise, doch fast immer erweckt schon dies den Eindruck einer Ruhe vor dem Sturm, der sich bereits zusammenbraut, um nach einer Phase des Steigerns umso heftiger loszubrechen. Dabei kann die Intensität schon mal die Heftigkeit von Power Electronics bekommen.
Auf der Binnenebene wird bei Sounds und Stimmungen ein breit gefächertes Register gezogen: Schon das Hubschraubergewubber in „Platium Insert“ wirkt diesseitig, und der weder maschinell noch organisch anmutende Sound hat einen ganz eigenen Charakter. Die subtile Hektik in „Cron Tabs“ wird von markanten Detonationen aus der Reserve geholt, Rituelles, das man gerade bei Nam-khar erwartet, klingt hier erstmals, wenn auch eher unterschwellig, an. „Failed States“ und „Crypt Trap“ dringen zu den Grenzen des Unangenehmen, Nervenaufreibenden vor, sei es in der kaum berechenbaren Unaufgeräumtheit des ersteren oder in der schleppenden Düsternis des letzteren Tracks. Oft ist es die hörspielartige Gestaltung der Szenarien, die eine Brücke zum Vorgänger schlägt, wobei das labyrinthische Klangpanorama des Titelstücks oder die pulsierende Dynamik im abschließenden „Exorial“ am ehesten an dessen Ritualsound anknüpft.
Ein starkes Album, und das große Fragezeichen, das den Hörer am Ende heimsucht, ist sicher gewollt: Was immer mit den eruptiven Ausbrüchen auch für eine Blockade durchbrochen, welche Schwelle auch immer dabei überwunden wird – atmosphärisch lässt sich kaum ausmachen, ob das ganze zu einem guten oder zu einem unguten Ende führt. Vielleicht sollte man das Ende in „Oppressfield“ auch gerade nicht suchen und gespannt bleiben, ob die beiden Acts den Faden ein weiteres Mal aufgreifen. (U.S.)
Label: Sombre Soniks