ALASDAIR ROBERTS: Pangs

Alasdair Roberts ist ein Mann des Zusammenführens, trotz allem hat sein Werk ein klar erkennbares Zentrum in der vielfältigen Folktradition seiner schottischen Heimat. Ausgehend von einem großen regionalen Repertoire hat er in den letzten fünfzehn Jahren immer wieder Motive und Spielweisen aus anderen Teilen der englischsprachigen Welt in seine Musik eingebaut, die überliefertes, zum Teil anonymes Songmaterial und eigene Stücke verbindet.

Eine weitere Stärke Roberts’ besteht in der Zusammenführung klassischer und zeitgemäßer elektrischer Arrangements, wobei er hörbar auf die Generation von Pentangle und Fairport Convention zurückgreift, es aber nicht bei retrolastigem Fanverhalten belässt, sondern die Ideen der Modernisierer von damals in die heutige Zeit überträgt. Mit „A Wonder Working Stone“ erreichte diese Kunst 2013 ihren bisherigen Höhepunkt, worauf vor zwei Jahren erst einmal das Gegenprogramm eines rein akustischen Albums folgte. „Pangs“ knüpft nun an die alte Mixtur an.

Wenn Roberts mit seiner freundlichen trockenen Stimme synktetische Balladen anstimmt, überkommt einen oft das Gefühl, die eine oder andere Passage schon einmal gehört zu haben: die scheinbar vertrauten Sixties-Melodien in den weiblichen Backing Vocals, die süße Wehmut der Streicher, das anheimelnde Piano, pastorales Gitarrenspiel – Details wie diese wirken wie neu und originell zusammengesetzte Bauformen altbekannter Motive, die mit der experimentierfreudigen Unaufgeräumtheit der verspielteren Elemente interessante Kombinationen eingehen. Gefühlt jazzige Spielereien an den Drums von keinem geringeren als Alex Neilson (Trembling Bells, The Directing Hand, Current 93, Shirley Collins) wirken leicht und luftig, der weite Raum jedoch, den sie schaffen, empfängt die wehmütigsten Violinen, die alles zur Auflösung bringen. Doch das ist nur eine Facette des Stimmungskaleidoskops von Pangs: Wenn Drumsticks gegeneinander schlagen und zu den aufspielen, was man hierzulande Schuhplattler nennt, kommt soviel Frohsinn auf, dass sogar der Studiohund mitbellt.

Manche Tracks („The Downward Road“, „Pangs“, „The Angry Laughing God“) gestalten sich so rockig wie die neueren Rusalnaia, andere („Wormwoodand Gall“, „Scarce of Fishing“) zeigen den Barden von seiner besinnlichen Seite, „The Breach“ erscheint mir schon deshalb als der stärkste Song des Albums, weil er all dies meisterhaft miteinander kombiniert. (A. Kaudaht)

Label: Drag City

Wormwoodand Gall” and “Scarce of Fishing”