Der Stil, den sich Theresa Stroetges mit ihrem Projekt Golden Diskó Ship erspielt hat, ist v.a. eines: ungreifbar. Man kann zahlreiche Komponenten ihrer Musik aufzählen: den Mix aus gesampleten Natursounds, Elektronik und akustischen Beigaben klassischer oder folkiger Art; die Gradwanderung zwischen Pop und Experiment; das Sammelsurium von Rhythmen aus der Rumpelkiste popkultureller Tradition; das Gleichgewicht aus Feinsinnigkeit und Simplizität; ein Gesang zwischen Sopran, Vocoderkitsch, NDW und cheesy 90s; nicht zuletzt die kaum zu beantwortende Frage nach dem Verhältnis zwischen Bekenntnis, Ironie und einer spontanen Kreativität auf Autopilot.
All diese Assoziationen drängen sich auf und verschwinden doch gleich wieder, denn der Stil der Berlinerin, die ihr Projekt vor einigen Jahren nach einem ausrangierten Dampfer in Reykjavik benannte, zerfließt ständig in seinem Konturen, lässt all diese Eigenschaften vorübergleiten, ohne sie je zu einer festen Struktur gerinnen zu lassen.
Ihr drittes Album „Imaginary Boys“, das eventuell auf The Cure anspielt, erlebte seine Initialzündung vor anderthalb Jahren bei einem inspirierenden Aufenthalt in Portugal und wurde mit tatkräftiger Unterstützung von SchneiderTM am Mix und Rashad Becker am Mastering in Berlin vollendet. Was die Platte am offensichtlichsten von den Vorgängern abhebt, ist der verstärkte Einsatz von Streichern (Stroetges ist von Haus aus Bratschistin), eine fast leitmotivische Basslastigkeit und eine kompositorische Struktur, die – unabhängig davon, ob die jeweiligen Tracks eher songhafte oder eher zerfleddert-soundorientierte Formen annehmen – auf kontinuierliche Steigerung von Fülle und Intensität setzt. In einigen Stücken gipfelt das in narrative Stringenz, in anderen in erratisch wirkender Entgrenztheit.
In diesem Rahmen passiert so einiges: Melodien von orientalischem Kolorit breiten sich aus über triphopartigen Takten und diffundieren im dumpfen Klangstrudel, sanfte Vokalpassagen, so säuselnd wie eine leichte Brise, weichen kraftvolle Post Punk-Szenarien auf, folkig-ambiente Zupfgitarren kleben in Dada-Manier, extra für die Indie-Kids, an technoiden Rhythmen.
Golden Diskó Ship pflegt eine Ästhetik des Offenen und der untypischen Wendungen, und Zeilen wie „it’s a bee that doesn’t sting, it’s a present you can’t keep“, die in „Swarm of Bees“ melancholisch wirken, beschreiben auf die Musik selbst bezogen eine ihrer großen Stärken. (U.S.)
Label: Karlrecords