Nakama, das internationale Quartett um den norwegischen Bassisten Christian Meaas Svendsen, betonen, dass ihre Alben nicht konzeptionell ausgerichtet sind, die Band selbst jedoch scheint einem Motto zu folgen, nämlich dem eines Kollektivgedankens, bei dem niemand dem anderen untersteht und doch alle stark auf die anderen bezogen sind – und, wie sie sagen, aufeinander aufpassen. Ihr Name bedeutet im Japanischen auch so etwas wie „Kamerad“.
Mit ihrem Mix aus Jazz, Neuer Musik, Romantik und traditionellen japanischen Stilarten pflegen sie eine Herangehensweise, bei der die jeweiligen Einzelbeiträge stets als kommunikative Replik an die anderen oder an einen bestimmten Mitmusiker gedacht sind.
Auf „Most Intimate“ entstand aus dem Ansatz ein komplexes kommunikatives Referenzsystem von mathematischer Stringenz: In den drei Abschnitten, aus denen der Hauptteil des Albums besteht, widmet die Gruppe das erste Stück („Dedication“) immer einem der Musiker, der an diesem Stück nicht beteiligt ist, im folgenden aber darauf mit einem Solo antwortet und sich erkenntlich zeit („Gratitude“). Im Anschluss spielen alle zusammen mit teilweise vertauschten Instrumenten eine Art Synthese der der beiden vorangegangenen Stücke, aus Widmung und Dank ergibt sich die Vereinigung („Unification“). Nachdem dies dreimal durchexerziert worden ist, entstehen drei weitere Variationen, in denen die Hauptmotive der vergangenen Abschnitte erneut aufgegriffen und zu einer übergeordneten – quasi „intimsten“ – Einheit synthetisiert werden.
Wie gut dieses Konzept eingehalten und wie sehr die Stücke dadurch gewinnen, ist freilich nicht nur von wissenschaftlichem Interesse – Rückgriffe auf bereits bestehendes ist ohnehin ein Aspekt mehr oder weniger jeden kreativen Schaffens, und der bewusste Einsatz dessen zeitigt gerade in den letzten drei Stücken einen kraftvollen Höhepunkt. Dennoch ist „Most Intimate“ ein Album, dass auch ohne Kenntnis des Ansatzes zu gefallen weiß.
Was bei dem Ansatz nicht überrascht, ist die enorme Wechselseitigkeit und v.a. der Ereignisreichtum der Musik, die aber schon deshalb nicht in ein beliebiges Potpourrie ausartet, weil nahezu alle Komponenten in gewissen Abschnitten wiederkehren: Griffige Basslinien, jazzige Pianoparts, asiatisches Flötenspiel, Streichereinsatz schräger und lieblicher Art, und all diese Details oft betont exponiert, je nachdem, wer gerade wem eine Widmung spielt, auf etwas antwortet oder mit einem motivischen Rückgriff im Rampenlicht steht. Perkussion aller Art, von tribalen Pow Wows über cheerleaderhafte Snares und spannungsgeladenes Beckenrauschen bis hin zu krachigem, aber stilvoll in Wolle gehülltem Metallklappern.
Am Ende der knappen Stunde bleibt keineswegs nur der Eindruck, hier habe jemand ein originelles Konzept nebst einem großen Ideenrepertoire zur Schau gestellt, denn dazu kommt viel zu viel Emotion, Spannung und auch Humor ins Spiel. (U.S.)
Label: Nakama Records