Schon in meiner letzten Besprechung zu Torba habe ich darauf hingewiesen, dass verzerrte Noisesounds und klassisches Feedbackjaulen nur noch eine untergeordnete Rolle in der Musik des italienischen Geräuschmusikers spielen, zugunsten einer feinsinnigen, narrativen Montage ausgefallener Klänge aus Natur, Technik und dem Repertoire klassischer Musikinstrumente. Dass dies dann aber keineswegs ruhig und gewaltfrei ablaufen muss beweist einmal mehr sein aktuelles Tape, dessen Titel einfach die beiden Tracktitel wiedergibt.
Für die ersten Sekunden der ersten Seite ist die Noisewelt noch in Ordnung, denn die Sequenz startet mit heftigem Rauschen, alles überschlägt sich und wirbelt kopfüber durch den Raum, fast meint man, menschliches Gebrüll zu hören, doch ganz so deutlich zeichnet sich das in dem kurzen Wirbelsturm nicht ab. Schon nach wenigen Sekunden, nach einem der typischen abrupten Brüche, verlagert sich das Rauschen in den Hintergrund, wird Teil der Kulisse, überlässt einem geschäftigen Treiben den vorderen Raum: Mal wähnt man sich auf einer Baustelle, mal scheint man in einem Studio zu sitzen, wo jemand mit der Hardware hantiert. Schrauben und anderes kleinteiliges Metallgerät wird durcheinander gewirbelt, seltsames Hämmern ertönt von Zeit zu Zeit, etwas aus einem Radio erreicht das Ohr, Grillen zirpen. Zwischen all dem verstecken sich – zumindest den Liner notes zufolge – auch bearbeitete Samples der mir nicht näher bekannten Musiker Philip Corner, Curtis Roads, Mercury Hall und Uroruro.
All diese Komponenten sind so montiert, dass eine gewisse Harmonie entsteht, und auch ein Musique conctrète-Banause müsste einräumen, dass das Resultat zumindest als Musik gedacht ist. Dies funktioniert deshalb, weil Torba zweierlei versteht – zum einen die Kollage so zu gestalten, dass ein gewisser Fluss entsteht, zum anderen immer gewisse – gleitende, rauschende – Sounds beizufügen, die das restliche Material in einen kohärenten Rahmen hüllen. Teil dessen sind auch die Passagen, in denen klassische Klangquellen, v.a. ein live eingespieltes Cello, das Bild mit warmen Klängen und zum Teil urigen, leicht orientalisch angehauchten Melodien prägen. Gerade der gelegentliche Schwerpunkt auf Streicherklänge stellt dabei ein deutliches Novum im Torba-Oeuvre dar.
Das klingt natürlich alles sehr harmonisch und schöngeistig und muss immer vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass Torba nach wie vor für lärmige Geräuschmusik steht, die vermutlich auch so manchen Freund Neuer Musik noch irritiert. Gerade die zweite Seite, die insgesamt ramponierter und verrasselter klingt, hat mit prasselnden, fiependen und rumpelnden Sounds, mit dem Sample eines Presslufthammers und den immer wieder unberechenbaren Unterbrechungen und neuen Ausbrüchen einiges an Irritationspotenzial in petto und lässt Hörern, die Musik schon beim Hören verdauen wollen, wenig Gelegenheit dazu. Allerdings klingt das Schaben und Schleifen, bei dem ich stellenweise an alte Organum und Nurse With Wound, aber auch an Reinhold Friedls Xenakis-Interpretationen denken musste, diesmal organischer als je zuvor.
Sehr schönes Tape, auch optisch, auf das, wenn man Gerüchten glauben darf, demnächst eine CD folgen wird. (U.S.)
Label: Monorail Trespassing