BOTANIST: Collective: The Shape Of He To Come

Die Zahl der Bands, die Post Black Metal spielen, scheint inzwischen fast unüberschaubar, wobei man den Eindruck hat, dass sich manche Genres, Shoegaze etwa, besonders gut zur Integration eignen. Bands transzendieren die Thematik und das Image und fügen weitere, oft als atypisch wahrgenommene Instrumente hinzu. Natürlich führen solche Auflösungen allzuenger Genregrenzen oft zu Gegenbewegungen: Der Hass – und das scheint durchaus das treffende Wort zu sein -, der z.B. Deafheaven oder beosnders Liturgy entgegengeschlagen ist, ist weithin dokumentiert. Dabei kommt es bei aller Dehnung von Genregrenzen selten vor, dass Bands ganz auf die Gitarre verzichten, wie auf diesen Seiten auch schon bezüglich einer anderen Botanistveröffentlichung bemerkt wurde, und dies hat scheinbar dazu geführt, dass sich keinerlei Botanist-Eintrag bei den eigentlich recht extensiven Metal Archives findet. Dass das Hackbrett, das im Zentrum des Klangs des Einmannprojekts steht, bei der Genese der Band gewählt wurde, hängt primär damit zusammen, dass der unter dem nom de guerre Otrebor agierende Künstler eigentlich Schlagzeuger war und ein Instrument suchte, das sich möglichst leicht lernen ließ, und das Hackbrett wird eben auf sehr perkussive Art gespielt.

Wie der Name des neuen Albums andeutet, ist “Collective: The Shape Of He To Come” von einem Bandkollektiv eingespielt worden und nicht mehr nur allein von Otrebor, und zwar mit Hilfe der Musiker, die Botanist in den letzten Jahren live unterstützt haben. Dies hört man dem Album dann auch passagenweise sehr deutlich an: „Praise Azaele The Adversary“ beginnt mit langsam gespieltem Hackbrett, das dem Stück durchaus Folkcharakter verleiht, bevor nach etwa der Hälfte dann unmenschliches Geheul einsetzt. Das Titelstück ist wesentlich perkussiver, dafür ist der chorartige Gesang fast schon sakral. Auch „The Reconciliation of Nature and Man“ wird von chorartigem Gesang dominiert “Upon Veltheim’s Throne Shall I Wait“ klingt etwas nach Mittelaltermarkt. Beendet wird das Album von „To Join The Continuum“, einer von der Lotus Thief-Sängerin Bezaelith gesungenen Folknummer.

Thematisch geht es bei diesem selbst so betitelten Green Metal um die Pflanzen, die den Homo sapiens verdrängen (werden und sollen), hier noch stärker als auf den Vorgängeralben als Evokation desjenigen, der kommen wird: „Hail thee, Azalea /Great adversary /Opposing the path of doom /Countering the human folly/The folly of self-destruction”. Der Untergang des Menschen wird antizipiert: „Here, upon my living throne of Veltheimia/My cathedral of emerald and red/I await the time of the great passing/(Into which the world shall be led)”. In der Apotheose der Pflanzenwelt (“Glory be to Flora, the divine/Embodiment of the unseen/That which makes what is /That which balances all/All that represents/The truest knowable god”) erinnern Botanist vielleicht etwas an Robinson Jeffers, hier kombiniert mit der apokalyptischen Bildhaftigkeit eines J.G. Ballard. In der Darstellung des “modernen Menschen” als “Unterdrücker”, “who shall be wiped away”, lässt das natürlich auch an Pentti Linkola denken, der dem Menschen attestiert, ein “homo destructivus“ zu sein und dessen Vorschläge zum Umweltschutz wohl nur die wenigsten gutheißen werden. Über die Misanthropie gelangt dieser Green Metal dann letztlich doch wieder zum Black Metal. (MG)

Label: Avantgarde Music