In ihren zahlreichen Kollaborationen beweist die Geigerin und Soundkünstlerin Mia Zabelka immer wieder, wie sehr sie ihre eigenwilligen, experimentierfreudigen Ideen auf subtile Art mit denen ihrer künstlerischen Dialogpartner zu arrangieren versteht. In eher klangorientierten Werken wie denen mit Pauline Oliveros oder John Zorn zeigt sie eine sichere Hand für die Möglichkeiten verschiedener Klangfarben, besitzt Geduld und Gespür für die Beiträge der anderen. In ihrer Arbeit mit Lydia Lunch hat sie ihren Anteil zugunsten der Textrezitation dezent im Hintergrund plaziert, ohne dabei belangloses Hintergrundrauschen zu produzieren. Viele wissen nicht, dass Zabelka auch die brachiale Sprache beherrscht, und könnten sich wundern, dass auf ihrem aktuellen, von Lydia Lunch diesmal produzierten Soloalbum „Cellular Resonance“ streckenweise lupenreiner Harshnoise zu hören ist.
Wenn zwei Dinge gleich auf den ersten Blick auffallen und überraschen, dann zum einen die Bandbreite des – mal dichten, mal minimalen, mal repetitiven, mal unberechenbaren – Repertoires an Klängen und Mustern, zum anderen die Erkenntnis, dass all dies mit den richtigen Handgriffen aus einer Violine herauszuholen ist.
Der erste der sechs nur nummerierten Abschnitte ist derart episodisch gestaltet, dass er dies schon im Kleinen illustriert: In das vielschichtige, vibrierende Dräuen, mit dem der Track beginnt, bricht bald ein verzerrtes Noisegewitter ein und macht unmissverständlich klar, dass dies kein Auftakt einer Droneplatte ist. Immer wieder nimmt Hochfrequentes oder Gerumpel wie aus dem Fundus von Xenakis oder Cut-up-Meistern wie Torba das Feld, überlässt einen zwischendurch immer kurz der Dröhnung, bis die nächste Ladung Lärmgepolter auf einen niederprasselt. Lautes Feedback erinnert stellenweise an eine Gitarre, es zuckt und zittert, kreischt wie eine Säge, und am vorläufigen Ende des gut gestalteten Lärms steht erst einmal die Erschöpfung.
Viel Ruhe bleibt einem aber (erst einmal) nicht vergönnt, denn der folgende Abschnitt ist auch ohne Gitarren Noiserock in seiner reinsten Form und wirkt mit seinen rhythmischen Riffs wie eine Parodie auf und eine Liebeserklärung an Punk und alles Rockgepose dieser Welt. Erst das ausladende dritte Stück bringt die erhoffte Wohltat: langsam bedrogtes Schweben auf einem dunklen Ambientteppich durch ein Gebäude mit dunklen Korridoren, schamanische Vocals (oder etwas, das so klingt) und einige Stellen, in denen die Violine fast konventionell klingt – all dies ist in seiner Simplizität berührend.
Alle der mal statisch aufgebauten, mal sich kontinuierlich steigernden Tracks weisen eine ganz eigene Charakteristik auf, und das nicht nur aufgrund einer jeweils stark verschiedenen Klangauswahl, unterschiedlichem Tempo etc. Bei einigen Stücken gibt ein schleppender, fast doomiger Teppich aus schwerem Soundmaterial das Narrativ vor, auf dem alle möglichen kleinen Figuren erst ihren Sinn und Zusammenhang erhalten, bei anderen wiederum bringen gerade diese das Muster erst zustande, z.B. in Form von Sehnsuchtsschreien auf der Violine, die sich bald vervielfältigen und miteinander in Dialog treten. All dies lässt die einzelnen Stücke fast wie Fragmente eigenständiger Werke erscheinen, und vielleicht ist des die oft abrupte Direktheit, die das ganze zu einer in sich geschlossenen Veröffentlichung macht. (U.S.)
Label: Little Crackd Rabbit