Bekanntlich hält es B’ee von In Gowan Ring nie lange an einem Ort, und so kam es, dass er vor gut fünf Jahren, nach einer kurzen Zeit in Berlin, mal wieder seine sieben Sachen packte und diesmal in das französische Massif Central ging, wo er sich als eine Art Hausmeister um ein altes Chateau aus dem 16. Jahrhundert kümmerte. Selbst lebte er in einem eigens gebauten fünfeckigen Zelt auf dem Anwesen, das genug Platz hatte für eine Feuerstelle, einen bequemen Schlafplatz und sein Equipment, mit dem er wie in einem ultra-improvisierten Studio hantieren konnte.
Da B’ee ohnehin kontinuierlich an neuen Stücken schreibt, entstanden auch an diesem ungewöhnlichen Ort zwischen Bäumen und alten Mauern einige schöne Songs, von denen er vor einiger Zeit schon eine Auswahl zusammengestellt und, damals noch unter seinem Solo-Namen, auf dem Album “B’ee’s Pent Pouch” herausbrachte – eine Stoff- und Lederbox, die dem Grundriss des Zeltes nachempfunden war, und die neben der CD einige selbstgebastelte und schön illustrierte Karten anstelle eines Booklets enthielt. Das Schmuckstück lag zunächst nur in einer Kleinstauflage von 55 Exemplaren für die Unterstützer des Projektes vor und ist vor einiger Zeit in einer etwas größeren Auflage erschienen.
„B’ee’s Pent Pouch“ entstand beinahe im Alleingang, und dennoch ist der Klang der Musik mitunter sehr dicht. Das Knacken und Prasseln des Feuers, Wind und Regen und der Gesang der Vögel in den Bäumen sind oft präsent und bilden den ganz natürlichen Hintergrund der in einem Zug aufgenommenen Stücke. Doch das ist nur ein dem Ort geschuldeter Zug, denn keines der Geräusche wurde nachträglich dazugemischt. Ein weiterer Aspekt ist die auch für In Gowan Ring-Verhältnisse entspannte, natürliche und ungeplant wirkende Stimmung der Musik. Eingerahmt in zwei Instrumentalversionen von Chris Thompsons “Dream”, die das Album mit sanftem Fingerspiel und dezenter Dröhnung umfassen, entfaltet sich eine Reihe an äußerst improvisiert wirkenden Songs, die ich auf den ersten Eindruck – vielleicht aufgrund ihres geerdeten, “weltlichen” Charakters – noch eher bei Birch Book, B’ees zweitem Musikprojekt, lokalisiert hätte.
Ungeschliffen und bodenständig daher kommt “Wandering Aengus, eine fragmentiert wirkende William Butler Yeates-Vertonung, bei der B’ee mit ungewohnt tiefer Stimme den Waldgang des einsamen Suchers besingt. Bei “Blossom Friend” sinniert er fast schlaftrunken über die Vergänglichkeit und den Schmerz des Loslassens. “People smiling in the sun, spring turned to summer and was gone” – alles geht, wie der so schöne Moment, den Faust festhalten wollte, den Weg der Blüten. Der Text stammt von Nick Drake, B’ee hat ihm allerdings eine eigene Melodie übergestülpt, die er schon ein paar Jahr im Kopf hatte, und die so ihre Worte gefunden hat.
Bei aller Schlichtheit des Ausdrucks findet sich doch eine überraschende Vielfalt in den bisweilen spielerisch gestalteten Songs. „The Open Door of the Grand Invitation“, eine Ode an die Fülle der Natur, bei der ein Wunsch nach Ewigkeit schon weit selbstsicherer geäußert wird, singt B’ee auf mehreren Kanälen im feierlichen Duett mit sich selbst. In „The Half-Lumined Path“, einem Panorama aus Fieldrecordings von Vögeln, Feuerprasseln, Regen und Schritten auf waldigem Untergrund kommt diese Fülle dann selbst zu Wort. Auch wenn das Vergehen, einmal angesprochen, hier nicht mehr geleugnet werden kann, dominiert doch die genügsame Freude über den berührenden Moment, der vielleicht an keiner Stelle so gut wie im feierlichen „The Moon is Shining on my Guitar“ mit seinem sanften Flötensolo eingefangen wird.
Das Album erscheint als Vinyl und CD in verschiedenen handgefertigten Aufmachungen sowie als Download und kann über Bandcamp bestellt werden. (U.S.)