Wenn eine Band Dame Area heißt und die Frontfrau eine klassische Musikausbildung genossen hat, könnte man sich unter der Musik vielleicht etwas anderes vorstellen, als den treibenden Sound des Debüts „Centro di Gravitá“, das sich ein ganz eigenes Feld im Grenzland zwischen Rhythm Noise, unruhigem Wavesound und rituellem Geschepper abgesteckt hat.
Dame Area ist das erste gemeinsame Projekt der jungen Shouterin und Texterin Silvia Konstance Costan und ihrem Partner, dem katalanischen Underground-Veteranen Victor Hurtado, der bereits zahlreiche Projekte ins Leben gerufen hatte – zuletzt Futura de Hierro, dessen schweißtreibende Urban Decay-Handschrift auch hier ganz deutlich herauszuhören ist.
In manchen Momenten, z.B. in den knapp zehn Minuten des eröffnenden Titeltracks, ist die Musik von beeindruckender Simplizität, ein treibender Beat, zu aggressiv für jede trancehafte Entrücktheit, gibt den Takt an und bildet zusammen mit den hellen, exklamatorischen Shouts ein minimales und doch standfestes Skelett, das nur an wenigen Stellen in etwas üppigere Soundschichten gepackt wird. Manchmal, wie in „Luce“ oder dem vom Tempo her etwas heruntergefahrenen „Plume Blanco“ sind das melodiöse Synthies, meist jedoch monotones Brummen oder Metallscheppern, wie man es noch von Ordre Etern her kennt.
All diese Komponenten wirken wie hell konturierte Projektionen vor einem Hintergrund, der wie eine tiefe schwarze Leere anmutet. Besonders hervor tritt stets der forcierte Gesang, was zu den Themen der meist in Italienisch, in einem Fall in Spanisch (und über ein paar Verse sogar auf Deutsch) gesungenen Texte passt: Kultur und Form im Verfallsstadium, die Hölle zwischenmenschlicher Interaktion etc. – solche Dinge verlangen nach einem konfrontativen Stimmeinsatz.
In beinahe panisches Flüstern gerät Silvia bezeichnenderweise, wenn sie in „Il Circolo Ritorno“ die Wiederkehr einer unberechenbaren Energie beschwört und dabei ganz vage Politisches andeutet. Andeutungen und subtile Zwischentöne finden durchaus Raum in ihrem harten Vortrag, und die Symbolik von Licht und Schatten, von Erinnern und Vergessen in „Luce“ und die angedeutete Gewalt im fatalistisch schönen „Plume Blanco“ kommen wahrscheinlich noch wirkungsvoller zum Zug, wenn man die verwendeten Sprachen richtig beherrscht.
Es tut sich zur Zeit wieder einiges im Gracia-Distrikt der katalanischen Metropole, und wie langlebig Projekte wie Dame Area sein werden, bleibt abzuwarten. Es wäre wünschenswert, wenn das Duo noch etwas mehr Pulver zum Verschießen hätte, eine etwa zeitgleich erschienene, musikalisch etwas derangiertere EP und eine Tour, die über Pfingsten auch nach Leipzig führen wird, sprechen dafür. (U.S.)
Label: Màgia Roja / BFE Records